
Der Filmkritiker Michael Althen in Venedig. Foto: WDR/rbb/Beatrix Schnippenkoetter
„Was heißt hier Ende?“ – Dominik Grafs Porträt des Filmkritikers Michael Althen
(Dienstag, 31. Januar, 0 Uhr, WDR).
Seine Texte seien ja schön gewesen, sagt Michael Althens Vater im Film, „aber die Nachrufe, die waren wunderschön“. Diesen filmischen Nachruf nun auf Althen selbst könnte man auch so nennen. Dominik Graf hat ihn gedreht, der neben seinen Spielfilmen („Die Katze“, „Geliebte Schwestern“) und TV-Arbeiten („Zielfahnder“) immer wieder auch Filmessays dreht – einige auch zusammen mit dem Filmkritiker Michael Althen, der ihm ein Freund wurde und 2011 starb, im Alter von 48 Jahren. Grafs Film ist ein mosaikartiges Porträt, gefühlvoll, aber nicht sentimental – um einen Kino-Liebenden geht es, dessen Bild Graf aus vielen Teilen zusammensetzt: Da sind Ausschnitte aus Althens eigenen Filmen, vor allem über den Maler Nicolas de Staël, der ihn faszinierte; Texte Althens übers Kino, die Graf wundervoll raunend liest; da sind die Kinder, die Witwe, die Freunde und Kollegen, die Anekdoten erzählen – Kritiker wie Andreas Kilb, Tobias Kniebe, Harald Pauli, Regisseure wie Christian Petzold und Caroline Link.
Von dem Nachtschwärmer Althen hören wir da, der erst schrieb, wenn alle um ihn herum ins Bett gegangen waren; der kaum etwas mehr fürchtete, als dass Regisseur Michelangelo Antonioni stirbt, wenn Althen in Urlaub ist und deshalb keinen Nachruf schreiben kann. Er schrieb ihn dann nach jahrelangem Zögern vorab, „für die Schublade“ sozusagen – einen Tag später starb Antonioni. Und Althen gab sich eine gewisse Mitschuld, erzählt seine Frau und lächelt.
Natürlich erzählen die Freunde vor allem Nettes über Althen, auch wenn die Kollegin Doris Kuhn dessen manchmal etwas gefühlsbeladenen und bedeutsamen Stil sanft veräppelt, wenn Althen etwa von den „Pfützen der Erinnerung“ spricht. Dabei schlägt der Film einen thematisch noch weiteren Bogen – ist die Filmkritik langweilig geworden? Hat sie nur noch Service-Charakter? Wie kann man sich Begeisterung fürs Kino erhalten, wenn man sich 30 Jahr lang berufsmäßig Filme anschaut und alles, wie Andreas Kilb es beschreibt, „schon 20 Mal gesehen hat – und davon 18 Mal besser“? Auch darum geht es in Grafs Film, der über sein Sujet hinausweist, über ihm kreist und immer wieder zurück kommt.
D 2015, 122 Min., Regie und Buch: Dominik Graf; mit Wim Wenders, Moritz von Uslar, Anke Sterneborg, Romuald Karmakar, Tom Tykwer, Peter Körte.
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