Saarland-Krimi In Wahrheit - Mord im Engelsgraben Das Ermittlerteam Judith Mohn (Christina Hecke) und Freddy Breyer (Robin Sondermann) bei der Arbeit - im Ford-Hochhaus in Saarlouis. ZDF/Manuela Meyer

Das Ermittlerteam Judith Mohn (Christina Hecke) und Freddy Breyer (Robin Sondermann) bei der Arbeit – im Ford-Hochhaus in Saarlouis. Foto: ZDF/Manuela Meyer

Des Saarländers Herz pocht schon nach 39 Sekunden Film in freudiger Erregung: Da schwebt die Kamera himmelwärts, und wir sehen sie in all ihrer Pracht – die Saarschleife. Dort saßen einst nicht nur Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder in innigster Parteifreundschaft vor TV-Kameras, sondern auch die SR-„Tatort“-Kommissare Kappl und Deininger, bevor sie „auserzählt“ waren, sprich ausgezählt.

Die ermittelten damals in der ARD, diesmal ist das ZDF am Zug. Das „Zweite“ zeige zu wenig vom Saarland, das hatte unter anderem die Saarländische Medienanstalt (LMS) kritisiert, die nun erhört wurde: Im vergangenen Herbst entstand an der Saar im Auftrag des ZDF der Krimi „In Wahrheit – Mord am Engelsgraben“. Am 9. Juni erlebt er bei Arte seine TV-Premiere, bevor er im Herbst im ZDF läuft; am Dienstag wurde der Film schon mal vorgestellt, von der Landesmedienanstalt und dem Regionalverband Saarbrücken. Saarländische Polit-Prominenz war ebenso zugegen wie Mitglieder des Filmteams, darunter Darsteller Rudolf Kowalski – die malade Hauptdarstellerin Christina Hecke schickte eine Videobotschaft vom Krankenhausbett.

Klassisch kurze saarländische Wege

LMS-Geschäftsführer Uwe Conradt sprach von einem „ganz besonderen Tag“, denn große TV-Produktionen seien seit langem nicht mehr an der Saar entstanden. Und so hätten die LMS und die Saar-Politik, nicht zuletzt Reinhard Klimmt (SPD) und Peter Jacoby (CDU) im ZDF-Fernsehrat, ein „dickes Brett bohren müssen“, um das ZDF zu einer Produktion hier zu überzeugen. Auch Finanz- und Europaminister Stephan Toscani (CDU) sieht in dem TV-Film eine „Riesenbedeutung“ und hofft, dass die Vorteile der klassisch saarländischen „kurzen Wege“ sich bei anderen Produktionen herumsprechen. Das ZDF jedenfalls scheint sehr angetan – denn „Mord am Engelsgraben“ wird fortgesetzt, im September sollen die Dreharbeiten beginnen.

Saarland-Krimi Anna Loos Christian Berkel

Ermittlerin Mohn (Christina Hecke, Mi.) wird  in die Eheprobleme von Heike Kupka (Anna Loos) und ihrem Mann Erich (Christian Berkel) verstrickt.
© ZDF/Manuela Meyer

Ort der Vorpremiere am Dienstag war nicht zufällig das Saarbrücker Schloss, spielt es im Film doch auch eine Rolle – die des Saarbrücker Polizeipräsidiums. Von dort aus versucht die Kommissarin Judith Mohn (Christina Hecke) den Mord an einer Prostituierten aufzuklären, die man an der Saarschleife gefunden hat. Mohn und ihr Assistent Freddy Breyer (Robin Sondermann) ermitteln erst einmal am Autobahnrastplatz-Straßenstrich, kommen aber nicht weiter, bis der Fall eine Wendung nimmt: Gibt es eine Verbindung zu einem Mädchen, das vor zehn Jahren in der Gegend verschwand und bis heute nicht gefunden wurde? Als Krimi ist der prominent besetzte Film (Anna Loos und Christian Berkel als sich fremd gewordenes Ehepaar) eher routiniert als raffiniert.

Formal recht bieder

Die Darsteller müssen viele Ermittlungsfakten aufsagen und sehr oft mit dem Auto vorfahren (BMW wird im Abspann für „Produktionsunterstützung“ gedankt) – das ist formal recht bieder. Und die Einblicke ins Privatleben der Ermittler sind so kurz wie plakativ: Der Partner der Kommissarin ist des Wartens auf die lang arbeitende Polizistin müde (und offenbar durch Arbeitslosigkeit angeschlagen): Mit dem markigen Satz „Ich bin nicht Dein Hausmann“ versenkt er einen kalt gewordenen Coq au vin im Müll.

Wie schaut das Saarland aus?

Wie aber wird das Saarland präsentiert? Es wirkt wie die grüne Lunge Restdeutschlands: ländlich, ruhig, gediegen, das Land von seiner schönsten Seite. Regisseur, Ko-Autor und Kameramann Miguel Alexandre lässt den Blick gerne von oben schweifen, ob auf Ottweiler oder die Saar an der Mettlacher Schleuse. Manche Schauplätze setzen sich aus mehreren Orten zusammen – ein Polizist betritt den Innenhof der Stadtgalerie und ist, Schwupps, im Saarbrücker Schloss (alias Polizeidienststelle). Ein reizvolles Quiz für Ortskenner.

Saarländischen Sprachklang hört man nicht, es bleibt hochdeutsch. Immerhin erlaubt sich die Kommissarin mit einem „Ça va?“ einen gallischen Sprachschlenker; aber die Nähe zu Frankreich wird nicht strapaziert, anders als bei antiken SR-„Tatorten“, als man regelmäßig die „Kollegen in Metz“ anrufen musste. Auch wenn „Mord am Engelsgraben“ seine Schwächen hat – die Figuren haben Potenzial. Gut, dass man sie wiedersehen wird.

DIE DREHORTE:

Pingusson-Bau, Stadtgalerie, Saarbrücker Schloss, Saar-Uni, ein Schiff der Personenschiffahrt Saarbrücken, das Ford-Hochhaus Saarlouis, Schleuse Mettlach, die Ottweiler Innenstadt, Erlebnisbergwerk Velsen, Goldene Bremm. Innendrehorte: Wallerfangen-Bredersdorf, Illingen-Hirtzweiler.