Dieter Wedel Familie Semmeling

Hausbau, Urlaub, Lokalpolitik – drei Mal ließ Autor und Regisseur Dieter Wedel seine „Familie Semmeling“ existenzielle Abenteuer erleben. Der Mittelteil der Trilogie zwischen 1972 und 2002 ist jetzt auf DVD erschienen: Der Winterurlaub der geplagten Sippe ist eine Sternstunde deutschen Fernsehens.

Ach, diese armen Semmelings. 1972 erlebte die TV-Familie die Irrungen, Wirrungen und Katastrophen beim Hausbau: „Einmal im Leben – Geschichte eines Eigenheims“ hieß der ARD-Dreiteiler und war einer der ersten großen Erfolge von Autor und Regisseur Dieter Wedel („Der große Bellheim“). 2002 ließ Wedel die Familie in „Die Affäre Semmeling“ durch den Sumpf der Lokalpolitik stolpern. Das Mittelstück der Trilogie entstand 1976, erscheint jetzt auf DVD und ist durchaus eine Sternstunde des deutschen Fernsehens: In „Alle Jahre wieder“ wagen Bruno und Trude (Fritz Lichtenhahn und Antje Hagen) ihren ersten Urlaub seit dem Hausbau. Bruno der Penible wälzt Reisekataloge und kommt zu einer scheinbar preisgünstigen Lösung: Ein winterlicher Pauschalurlaub soll es sein. Der wird allerdings zum Reigen der tragikomischen Demütigungen: verpasste Züge, eine ranzige Kammer statt Hotelzimmer, ewige Vertröstungen, hämische Kellner. Zuhause ist es wohl doch am Schönsten.

Wedel erzählt davon mit einer souveränen Ruhe, die sich heute im Fernsehen niemand mehr traut (oder zutraut). Während die Semmelings daheim ihre Koffer packen und (zu enge) Ski-Anzüge ausprobieren, wechselt der Film die Perspektive und breitet schon einmal die Welt des Hotels als komplexen Mikrokosmos aus: mit Kellnern, die in Abstellkammern untergebracht werden, und mit einer knapp kalkulierenden Direktion, die ihrerseits vom Reiseveranstalter unter Kostendruck gesetzt wird. Da kommen die armen Semmelings als Opfer des eigenen Frusts gerade recht. Wedels Drehbuch hat eine böse Komik, die von der glanzvollen Besetzung genüsslich ausgekostet wird: Klaus Schwarzkopf als Portier, Günter Strack als Hotelmanager mit großen Plänen und Hans Brenner als garstiger Kellner – sie sind ein Vergnügen; ebenso wie Wedels Kniff, dass seine Figuren, als wäre man bei Brecht, aus der Handlung aussteigen und dem Zuschauer Einblicke vermitteln: etwa Herbert Mensching als Reisebüro-Chef, der seinen Abscheu von finanzschwachen Kunde erklärt und eben Günter Strack als Manager, der erklärt, dass Bettenburgen ja viel sozialer sind als kleine Hotels. Und mehr Gewinn machen sie auch.

Erschienen bei Studio Hamburg Enterprises. Die erste und die finale Semmeling-Reihe sind bereits erhältlich.