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Ein Interview mit Dominik Graf: „Naja, ich war halt Anfänger“

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Regisseur Dominik Graf.                                                          Foto: dpa

1982 kamen Sie mit „Das zweite Gesicht“ nach Saarbrücken zu Ophüls. Wie war Ihr Eindruck vom Festival?

Das war, ähnlich wie Hof damals, ein aufstrebendes junges Festival abseits der Kino-Zentren, das sich aber vorrangig um die nachkommende Generation gekümmert hat. Junge Leute mit einem jungen Kino.

Dem „Zweiten Gesicht“ attestieren Sie in Ihrem Buch „Schläft ein Lied in allen Dingen“ eine „quälende Länge“ – ist das nicht etwas harsch?

Naja, ich war halt Anfänger und hatte nicht sehr viel Praxis. Die Filmhochschüler heute drehen viel mehr Filme, kleine Produktionen schnell nebenher an der Hochschule und kommen so mit mehr Erfahrung in ihren ersten Spielfilm hinein. Ich war komplett überfordert als Regisseur und Autor. Ich hatte den fabelhaften Kameramann Helge Weindler, der später für Doris Dörrie gedreht hat, was mich aber vor Probleme gestellt hat, denn Ich konnte einige Fragen, die er hatte, gar nicht beantworten. Ich habe angefangen mit Studentenfilmen, in denen ich immer nur Großaufnahmen von einem Gesicht gefilmt habe, weil ich mehr als einen Schauspieler im Bild beim Inszenieren gar nicht beurteilen konnte. Mein Glück war, dass man damals längere Zeit die Möglichkeit hatte, Mist zu bauen. Aber ich weiß noch, dass Regisseur und Filmjournalist Eckhart Schmidt mich ein paar Jahre und ein paar Filme weiter warnte: „So, jetzt muss es aber mal klappen.“ In der Zeit der Fernsehserien bei der Bavaria habe ich mir dann immerhin eine gewisse Professionalität und ein schnelles Urteil am Set bilden können.

Sie schreiben im Buch auch, dass Sie sich früh vorgenommen haben, „keine Handschrift haben“ zu wollen. Wie ist das gemeint?

Ja, das war gegen das Autorenkino gerichtet. Vor der Generation, zu der ich gehöre, standen Fassbinder und Wenders im Rampenlicht. Und bei deren Generation hatten wir immer das Gefühl, dass der unbedingte Willen zur eigenen Handschrift den Filmen manchmal ein bisschen schadete. Wir waren eher auf der Suche nach Genrefilmen, nach Erzählkino und einer Normalität, auch in der Schauspielerführung – was mir lange überhaupt nicht gelungen ist. Es gibt diesen schönen Satz von Jean Cocteau, dass man keine künstlerische Handschrift haben wollen darf – aber dass einem das dann auf keinen Fall gelingen sollte. Insofern kann es natürlich absurderweise auch sein, dass gerade in den Defiziten und Fehlern, die „Das zweite Gesicht“ hat, doch eine eigene Handschrift vorgeprägt ist.

Haben Sie früher mit einem gewissen Neid nach Frankreich geschaut, wo man ein Starsystem hat und keine Berührungsängste mit dem Genrefilm, anders als hier?

Allerdings. Gerade beim Genrefilm ist der Unterschied arg. Die Franzosen hatten in den 1990ern ja mal ein paar Jahre Pause beim Polizeifilm, aber seit den 2000ern kommt bis heute wieder ein fantastisches Ding nach dem anderen. Kleine, oft unglaublich rabiat gedrehte Gangster- und Polizeifilme fürs Kino. Uns fehlen auch die Stars, die ein Genrekino dringend braucht. Jemand wie Götz George etwa hat bei „Die Katze“ damals allein schon mal eine Million Zuschauer mobil gemacht.

Verhindert bei uns nicht aber der allgegenwärtige „Tatort“ im Fernsehen, dass auch Krimis fürs Kino produziert werden?

In gewissem Sinn schon. Ich drehe ja auch „ Polizeirufe“ und „Tatorte“, das sind für mich die billigeren,die einfach zu finanzierenden Thriller. Wenn man dieses Genre nochmal ins Kino übertragen will, dann muss man die Filme über ein gewisses ästhetisches Level heben, damit das Publikum weiß, dass hier etwas anderes läuft als das, was jeden Tag im Fernsehen zu sehen ist. Eine hohe Finanzierung von Genrekino ist aber bei uns schwierig, weil es kein Zutrauen gibt, das war schon bei „Die Katze“ so und bei „Die Sieger“ noch mehr. Seither habe ich mich dann nicht mehr wirklich darum bemüht. Es ist schwer zu sagen, wie sich heute ein Kino-Genrefilm unterscheiden müsste von einem Genrefilm im Fernsehen. Die Versuche, die andere Leute seit den 1990er unternommen haben, so spannend sie waren, haben nicht wirklich die Schallmauer der Anti-Genre-Haltung durchbrechen können. Sogar Til Schweiger mit seinem Kino-„Tatort“, seinem Actionfilm „Schutzengel“ und mit seinem so großen Publikumsreservoir hat es nicht wirklich geschafft – wenn auch mehr als alle anderen. Es ist halt so: Nur die Komödie läuft noch in Deutschland. Andererseits gibt mir aber auch das Fernsehen die Chance, auf hohem Niveau zu erzählen, wie zum Beispiel bei „Im Angesicht des Verbrechens“.

Liefe solch eine Reihe heute bei Netflix? Sind die Streamingdienste eine Chance gerade für junge Filmemacher?

Ich kann die Streaming-Plattformen nicht einschätzen. Was ich dort sehe, zeigt mir bei den deutschen Produkten bislang keine Richtung, die mich interessiert. Es wird zwar gerade wie verrückt produziert, nachdem die Deutschen nach nur 20 Jahren internationalem Serienhype gemerkt haben, dass Serien interessant sein könnten. Aber jetzt ist der Hype schon fast wieder vorbei – ich sehe die Serie an sich eher schon auf dem absteigenden Ast.

Wie ist Ihr Verhältnis zur Filmkritik? Bei „Die Katze“ etwa wurde viel gemäkelt, das sei alles zu amerikanisch. Heute wird das ganz anders gesehen. Wie ernst nehmen Sie Filmkritik?

Das ist personenabhängig. Die Film- und vor allem die Fernsehkritik als Ganzes kann man zur Zeit nicht wirklich ernst nehmen, weil überwiegend filmisch ignorante Leute schreiben. Aber es gab immer und es gibt natürlich in Zeitungen und in sehr speziellen Internet-Blogs Leute, die einen mit ihren Kommentaren Kritiken zum Nachdenken bringen, auch wenn sie einem auf die Finger klopfen. Und wenn sie einen loben, hat es Hand und Fuß. Aber bei vielen Kritikern ist ja sogar das Lob blind, es werden inhaltliche Banalitäten belobigt. Das kann man nicht annehmen.

Sie sind seit 2012 in der Jury des Michael-Althen-Preises, der an den Filmjournalisten Michael Althen erinnert, mit dem Sie unter anderem den Filmessay „München – Geheimnisse einer Stadt“ gedreht haben. Da muss es doch bessere Texte geben?

Letztes Jahr gab es einen tollen Text von Oliver Nöding über Rolf Olsens Krimi „Blutiger Freitag“ von 1972, dem hätte ich so sehr einen Preis gegönnt . Das ist eine schöne Art von Schreiben über Film, temperamentvoll, leidenschaftlich, frech, modern, persönlich, mit viel Wissen über die Filmgeschichte, obwohl Nöding 30 Jahre jünger ist als ich. Das macht Hoffnung.

Sie haben viele Preise gewonnen – ist das nicht auch gefährlich? Zementieren Preise nicht das, was man tut, und hemmen die Experimentierlust?

Nein, man muss sich immer bewusst sein, dass Preise aufgrund der Jurybesetzungen häufig so gut wie nichts bedeuten – die Preis-Kriterien sind heute meistens themen- und nicht wirklich filmorientiert, und da muss man sich eher schämen wenn man was gewinnt.

Sie haben in Ihrer Zeit bei der Bavaria lange mit dem Produzenten Günter Rohrbach gearbeitet, der aus Neunkirchen stammt – wie ist Ihr Blick auf ihn heute?

Er ist eine ganz große Figur. Wir haben uns über die Jahre und ein halbes Dutzend Filme lang ja auch heftig aneinander gerieben, aber ich habe ihm viel zu verdanken, weil er mich aus dem Vorabendserien-Dasein zum Kinofilm gebracht hat. Der Vorschlag, dass ich „Die Katze“ machen sollte, kam von ihm. Er hat schwierige Finanzierungen zusammenbekommen, und wenn die zu knapp waren, hat er sich trotzdem getraut, den Film zu machen. Er wollte Publikumsfilme und hohe Qualität zusammenbringen, wie bei Petersens „Boot“, da war er bahnbrechend, nicht nur bei der Bavaria. Man hatte damals ja die Vorstellung und den Wunsch, dass kommerzielle Filme auch möglichst gut werden sollen. Ich stelle Günter Rohrbach ebenbürtig neben Bernd Eichinger – mindestens.

Ihr Polizeifilm „Die Sieger“ war 1994 für einen deutschen Film sehr teuer, hat dann kein Publikum gefunden, und die Kritiken waren auch schlecht. Wie weh tut das?

Das war ein Niederschlag, aber da müssen die meisten Regisseure im Laufe ihrer Karriere ja durch. Ich wollte in jeder Hinsicht hoch hinaus damit, da kriegt man – nicht immer zu Unrecht- was auf die Ohren. Und vielleicht war es auch überraschend, dass der Film quasi nur zum Schein ein Polizeifilm st, gleichzeitig eher ein Gespensterfilm über die schaurige „Hoch die Tassen“-Bundesrepublik der 1990er. Ich habe „Die Sieger“ immer sehr geliebt wie ein widerborstiges Kind, und ich halte vieles daran für gelungen – aber nicht alles. Auf der Berlinale läuft er jetzt in der „Classics“-Reihe nochmal in einem Director’s Cut, zwölf Minuten länger, mit unter anderem zwei grossen Szenen, die sehr wichtig, aber jetzt erstmals im Film zu sehen sind.

Vielleicht ein gewagter Spagat – aber mich hat die Rezeption an die von John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ erinnert: vernichtende Kritiken, ein Flop – und Carpenter war, anders als Sie, danach nicht mehr ganz derselbe.

Ich wusste nicht, dass die Kritiken damals so schlecht waren. Ich finde den Film fantastisch, das ist einer seiner allerbesten. Aber es ist oft so bei sehr guten, bei großen Regisseuren, dass die Filme, die den größten Erfolg hatten, gar nicht unbedingt ihre besten sondern eher die -für ihre Verhältnisse-mittelmäßigen waren. Und dass die untergegangenen, beschimpften Film auf Dauer die stärksten sind.

Sehen Sie das bei sich auch so?

Nein, das will ich auf mich nicht anwenden, weil ich mich eher in so einem cineastischen Mittelmaß verorte. Ich tue, was ich kann, und lerne immer noch dazu.

Vor 20 Jahren haben Sie mit Heiner Lauterbach den Film „Der Skorpion“ gedreht, für viele einer ihrer besten Arbeiten – werden Sie mal wieder zusammenarbeiten?

Wir hatten das geplant – eine sehr gute Kiez-Serie, die Nikolai Müllerschön geschrieben hat. Das wollten wir machen, aber im Moment ist die Finanzierungslinie etwas abgeschnitten.

Müllerschön hat mit Lauterbach den rauen Krimi „Harms“ gedreht – ist das eine Art Kino, von dem Sie sich wünschen, es gäbe mehr davon?

Natürlich, „Harms“ fand ich absolut herausragend. Ein Film, der plötzlich da war – im Grunde habe ich ihn nur auf DVD wahrgenommen, weil er so schnell aus dem Kino wieder verschwunden war. Furchtbar. Auch da haben sich leider einige Filmkritiker wenig mit Ruhm bekleckert, weil sie nicht gemerkt haben, was für eine Kraft und Melancholie in diesem schönen Film steckt. Es kann aber auch sein, dass das Schauen aufs Kino sich verändert hat. Dass bestimmte Qualitäten, die man in einem Film lesen könnte, sogar eher störend wirken. Das Publikum möchte den denkbar schlichtesten Flow. Niemand will sich mehr Mühe machen im Kino, das Leben ist schon zu schwierig. Und wenn ein Film dann auch noch maue Kritiken bekommt, dann hat er schnell gar keine Chance mehr.

Wie schauen Sie sich eigentlich Filme an? Vor allem im Kino?

Nein. Im Kino interessiert mich momentan wenig wirklich vital. Ich schaue DVD. Einen großen Beamer habe ich nicht, ich muss gestehen, dass ich manche Filme sogar am Laptop schaue. Als Student hatte ich einen winzigen Schwarz-Weiß-Fernseher, auf dem habe ich Kavallerie-Western von John Ford gesehen – ich bin so nahe rangekrochen, bis das Monumental Valley wieder groß war.

Wolfgang Staudte, der ungeliebte Moralist

Wolfgang Staudte

Eine wechselvolle, schwierige Karriere: Er spielte als Komparse im berüchtigten NS-Hetzfilm „Jud Süss“, drehte dann mit „Die Mörder sind unter uns“ den ersten deutschen Nachkriegsfilm. Für die ostdeutsche Defa, das volkseigene Filmunternehmen der DDR drehte er unter anderem „Der Untertan“; in der jungen Bundesrepublik entstanden Filme wie „Rosen für den Staatsanwaltschaft“ oder „Kirmes“, wegen denen er oft als „Nestbeschmutzer“ angefeindet wurde – einen „verwirrten Pazifisten“ nannte ihn nicht etwa ein rechtes Blatt, sondern der „Spiegel“, zumindest noch 1951. In der Unterhaltungs-Filmindustrie hatte Staudte es schwer, während das junge deutsche Kino ihn als Repräsentant von „Opas Kino“ ignorierte. Später verschuldete sich Staudte als sein eigener Produzent so sehr, dass er fortan fast ausschließlich fürs Fernsehen arbeitete,  „Tatort“ und „Der Seewolf“ drehte – auch wenn ihn die „Zwergenschicksale“ des TV, wie er es sagte, nicht sonderlich interessierten.

Staudte, 1906 in Saarbrücken geboren und 1984 bei Dreharbeiten in Slowenien gestorben, gilt neben Helmut Käutner als wichtigster Regisseur des deutschen Nachkriegskinos – seine besten Filme verbinden präzise Gesellschaftskritik mit Filmkunst und, nicht zu vergessen, Unterhaltungswert; manchmal kann Staudte aber auch etwas didaktisch und moralisierend wirken.

Wolfgang Staudte Götze George Kirmes

Eine Szene aus „Kirmes“ mit Götz George und Juliette Mayniel.

An den Filmemacher erinnert nun ein neues, lesenswertes Buch, das in Zusammenarbeit mit der Saarbrücker Wolfgang-Staudte-Gesellschaft entstanden ist. „Nachdenken, warum das alles so ist“ (der Titel entstammt einem Zitat aus dem 1949er Film „Rotationen“) ist kein chronologisches Lesebuch von Karrierebeginn bis -ende, bietet auch keine komplette Filmografie, sondern setzt mit verschiedenen Beiträgen collagenhaft ein Bild Staudtes zusammen.

Der Saarbrücker Psychologe Siegfried Zepf beschäftigt sich mit „Der Unteran“, den Staudte 1951 in der DDR drehte und der erst sechs Jahre später im Westen lief, gekürzt um zehn Minuten – geschnitten war etwa das Ende, mit dem Staudte (losgelöst von der Vorlage Heinrich Manns) eine Verbindung vom deutschen Kaiserreich zum Zweiten Weltkrieg zieht.

Uschi und Andreas Schmidt-Lenhard von der Staudte-Gesellschaft beschreiben die kontroverse Wirkung jener Filme, die als Staudtes wichtigste gelten: neben dem „Untertan“ auch „Rosen für den Staatsanwalt“, „Kirmes“ und „Herrenpartie“, die allesamt das verdrängungswillige Deutschland kritisierten und, nicht überraschend, immer schwieriger zu finanzieren waren. Staudte drückte es so aus: Es sei schwer, „die Welt verbessern zu wollen mit dem Geld von Leuten, die die Welt in Ordnung finden.“ Und so nahm Staudte für seinen Polit-Krimi „Heimlichkeiten“ (1968) einen hohen Kredit auf – an dem Schuldenberg nach dem Misserfolg des Films schaufelte er bis zu seinem Tod.

 

Wolfgang Staudte Götze George Kirmes

Auch eine Szene aus „Kirmes“, den es bis heute nicht auf DVD gibt. Foto: Filmmuseum Berlin

Zu seinen sieben „Tatorten“ zählt auch „Tote tragen keine Wohnung“ (1973), den der Saarbrücker Psychologe Alf Gerlach exemplarisch untersucht; auch von der kontroversen Reaktion berichtet er: Durch die Geschichte von der Gentrifizierung eines Wohnviertels fühlten sich viele Immobilienmakler als monetäre Gierschlunde diffamiert – erst nach 19 Jahren strahlte der produzierende Bayerische Rundfunk den Film noch einmal aus.

Der Saarbrücker Filmwissenschaftler Nils Daniel Peiler beleuchtet Staudtes Arbeit im Synchrongeschäft: Er war Sprecher in der deutschen Fassung von „Im Westen nichts Neues“ (1930) und überwachte 1945 die Synchronisierung von Eisensteins „Iwan, der Schreckliche“; 25 Jahre später verpflichtete ihn der legendär wählerische Regisseur Stanley Kubrick, der den „Untertan“ schätzte, für die Synchronregie dreier seiner Filme: „Uhrwerk Orange“ (1971), „Barry Lyndon“ (1975) und „Shining“ (1980). Staudte berichtete damals lapidar von einem sehr überzeugenden Anruf Kubricks: „Er meinte, ich sollte.“ Er tat’s.

Eine gute Ergänzung der Beiträge sind die Erinnerungen an Staudte, die das Magazin „Filmdienst“ vor zehn Jahren zu Staudtes 100. Geburtstag sammelten und die hier nochmal abgedruckt sind:

Götz George, der mit 21 Jahren in „Kirmes“ spielte, erinnert sich an die erste Begegnung mit dem bekannt linken Staudte: an dessen nicht gerade antikapitalistisch wirkendem neuen Swimmingpool.

Oskar Lafontaine würdigt Staudte als „politischen Moralisten“, der „gegen den Strom der allgemeinen Geschichtsverdrängzung schwamm“.

Filmjournalist Peter W. Jansen beschreibt eine zufällige Begegnung mit Staudte Ende der 70er in der Kantine des Südwestfunks in Baden-Baden: einen „einsamen, verbitterten Mann“ traf er dort, der sich wunderte, dass „Münchner Bubis“ wie Fassbinder oder Alexander Kluge Filmförderung bekämen und er nicht.

Das Buch schließt mit einer Gegenüberstellung von Staudtes Werken und dem, was politisch in der jeweiligen Zeit geschah – sinnvoll und zwingend, sind seine Filme vom Zeitgeist ihrer Entstehung nicht zu trennen. Zeitlos macht sie das nicht, aber zu Zeitdokumenten.

 

Wolfgang Staudte – „Nachdenken, warum das alles so ist“. Herausgegeben von Alf Gerlach und Uschi Schmidt-Lenhard. Schüren Verlag, 256 Seiten, 24.90 Euro.

Buchvorstellung: Sonntag, 19. März, 15 Uhr, Camera Zwo (Sb). Es läuft Staudtes Bürokratie-Satire „Der Mann, dem man den Namen stahl“ aus dem Jahr 1944.

Informationen: www.wolfgang-staudte-gesellschaft.de

 

Wolfgang Staudte Götze George Kirmes

 

Zwei Filme Staudtes neu auf DVD

Nicht alle der wichtigsten Filme Staudtes sind auf DVD erschienen: „Herrenpartie“ und „Kirmes“, mit seine galligsten Gesellschaftskommentare“, fehlen bis heute; aber zumindest im Nebenwerk füllen sich die Lücken. „Gift im Zoo“ (1951) ist ein solider Krimi (DVD bei Filmjuwelen) mit interessanter Produktionsgeschichte: Staudte wurde während der Dreharbeiten auf staatlichen Druck hin entlassen, weil er sich nicht völlig von der Defa der DDR lossagen wollte (Hans Müller drehte zuende). Bezeichnend dabei: Während der Regisseur wegen DDR-Verbindungen entlassen wird, spielen Carl Raddatz und Irene Meyendorff die Hauptrollen – die Stars von Veit Harlans todesseligem NS-Prestigemelodram „Opfergang“ (1944).

 

1958 drehte Staudte „Madeleine und der Legionär“, der jetzt in einer DVD-Box (Studio Hamburg) mit fünf anderen deutschen Filmen erscheint (etwa „Romanze in Moll“). Staudte erzählt von drei Deserteuren der Fremdenlegion, die aus dem Algerienkrieg fliehen. Hildegard Knef spielt eine französische Ärztin, die dem Trio auf der Flucht begegnet. Der Film spricht sich deutlich gegen Krieg und Kolonialismus aus, vermittelt seine Botschaften aber nicht immer subtil, wenn etwa die Knef als Symbol eines guten Frankreichs (und Deutschlands) laut über die Welt nachdenkt: „Moderne heutige Menschen – sind wir das?“. Da stehen sich Handlung und Didaktik manchmal im Weg. Dennoch spannend und sehenswert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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