Michael Cimino Heaven's Gate Clint Eastwood Die Letzten beißen die Hunde Jeff Bridges

 

 

Manche Filme werden von ihrem Nachbeben verschüttet, scheinbar auf ewig. So ist der Western „Heaven’s Gate“ untrennbar mit dem Ruin des Studios United Artists verbunden. Das Budget-Überziehen durch den scheinbar maßlosen Regisseur Michael Cimino machte den Film sehr teuer (40 Millionen Dollar waren 1980 für einen Film viel  Geld), der Misserfolg in den Kinos machte ihn ruinös. Nur: Was bleibt, denkt man an den künstlerischen, nicht den kommerziellen Wert? Ein episch breiter, eigensinniger, wagemutiger Film, der den Mythos des Westerns seziert. Der Regisseur schildert den historischen „Johnson County War“ (1890-1892): Viehbarone gehen brutal gegen europäische Einwanderer vor, die sie mit ihren winzigen Parzellen bei der Expansion stören. Mit Billigung des US-Präsidenten erstellen sie eine Todesliste, die angeheuerte Mörder dann abarbeiten.
Diese blutige und zeitlose KapitalismusGeschichte erzählt Cimino (1939-2016) in aller Ruhe, gleichzeitig mit aller Härte und so viel Detailversessenheit, was Kostüme und Bauten angeht, dass man sich über das Budget nicht wundert. Der Regisseur/Autor stand damals, nach dem Triumph seines Vietnam- und Amerikafilms „Die durch die Hölle gehen“, auf dem Höhepunkt der Macht. Er nutzte sie, um seine Vision des Westens und des Westerns ohne Einmischung auf eine ganz große Leinwand zu malen.

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Christopher Walken in „Heaven’s Gate“. Foto: Capelight

Lange gab es in den Film als technisch mäßige DVD, nun erscheint er erstmal als Blu-ray in einer Edition, dank derer man sich tief in den Film versenken kann: Man kann Ciminos Ur-Version (220 Minuten) vergleichen mit der um 70 Minuten gekürzten, holprigen Fassung, die er auf Druck des nach ersten Verrissen panischen Studios anfertigte; Interviews führen zurück zu den Dreharbeiten: Cimono erzählt, dass am Anfang des Films seine Recherchen über die Erfindung des Stacheldrahts (!) standen. Jeff Bridges zieht Parallelen zur USA heute („Die Viehbesitzer sind heute die Ölfirmen“) und Kameramann Vilmos Zsigmond erinnert sich an des Regisseurs Wunsch, dass viele Filmbilder wie alte Fotografien aussehen sollten. In der Tat: So schön und gleichzeitig so gnadenlos hat man den Westen mit seinen Weiten und seinen schneebedeckten Bergen im Kino kaum gesehen.

 

Auch Ciminos Debüt mit dem nichtssagenden deutschen Titel „Die Letzten beißen die Hunde“ (1974) erscheint nun als exzellente Edition (mit Audiokommentar, Interviews, Booklet). An der Plot-Oberfläche erzählt „Thunderbolt and Lightfoot“, wie er im Original heißt, geradlinig von dem Gangster mit Spitznamen „Thunderbolt“ (Clint Eastwood), der von alten Kollegen gejagt wird, weil sie bei ihm die Beute eines gemeinsamen Raubzugs vermuten. Auf der Flucht begegnet ihm der junge Lightfoot (Jeff Bridges), der die Freundschaft des Älteren sucht. Von der erzählt Cimino sehr anrührend und überraschend, vor allem im Kontext der sonstigen Männerfiguren Clint Eastwoods (der den Film auch produziert hat). In dieser Männerfreundschaft schwingt durchaus Homo-Erotik mit, am Ende schlüpft Bridges in ein Kleid, und zwischendurch sieht Eastwood in einer Liebesszene mit einer Frau so gelangweilt aus, dass es schon komisch ist.

Der Film schwelgt in Bildern des  ländlichen Amerikas, er zeigt Motels, Tankstellen, Supermärkte und immer wieder grandiose Landschaften, deren Freiheit endlos zu sein scheint. Doch diese Freiheit gibt es nicht mehr (wenn es sie denn jemals gab). Das Amerika von Regisseur Cimino ist, ob hier oder in „Heaven’s Gate“, ein verwundeter Ort.

Beide Filme sind bei Capelight erschienen. 

Michael Cimino Heaven's Gate Clint Eastwood Die Letzten beißen die Hunde Jeff Bridges

Clint Eastwood und Jeff Bridges in „Die Letzten beißen die Hunde“. Foto: Capelight