Action Man

Im Regal sitzen kann er gerade noch, den Rücken an eine Videocassette gelehnt. Aber mehr geht nicht – die Gummibänder in seinem Inneren sind ausgeleiert, die Gelenke schlackern. Er hat eben viel mitgemacht, Abenteuer erlebt, unmögliche Missionen möglich gemacht, eine Kindheit begleitet: Action Man. Ein schlichter, passender, alles sagender Name für eine Spielfigur. Wo dieser 30-Zentimeter-Kerl war, da war Action, da war vorne. In den 70ern entdeckte ich ihn, im verheißungsvoll benannten Spielwarengeschäft „Alles“ in St. Wendels Bahnhofstraße: ganz hinten im Laden, wo die Verkäuferin notorisch unfreundlich war, aber sich Plastikmodellbausätze bis unter die Decke stapelten. Dort lag auch „Action Man“ im Regal, einmal in britischer Uniform als Soldat, einmal mit Bart und robustem Rollkragenpullover als „Abenteurer“ – eigentlich war er eine Anziehpuppe wie „Barbie“, aber eben als Mann und für Jungs. Gesehen, gekauft, geliebt.

 

Action Man

 

Allerlei Ausrüstung konnte man ihm kaufen, meistens Uniformen und Waffen – das war, man kann es nicht anders sagen, Kriegsspielzeug, das die Eltern schaudern ließ. Aus England kam der Action Man, erleuchtete viele Kinderherzen und animierte so die traditionsreiche deutsche Puppenfirma Schildkröt zur eigenen Produktlinie: „Action Team“ hieß die, war einen Hauch weniger militaristisch und bot immerhin Sinnstiftendes wie etwa Ski-Ausrüstungen. Für einen Zwölfjährigen war das aber weniger aufregend als Themenpackungen wie „Spionage-Abwehr“, „Fallschirm-Kommando“ oder „Australischer Dschungelkämpfer“ (mit Flammenwerfer). „Frieden schaffen ohne Waffen“ war das wirklich nicht – aber es waren glückliche, wenn auch pädagogisch dubiose Nachmittage an der frischen Luft, mit Schlauchbooten in Pfützen oder improvisierten Seilwinden zwischen den Bäumen hinterm Haus.

Die Konkurrenz ließ Action Man weit hinter sich: „Big Jim“ etwa („von Mattellllll!“, wie einen die Werbung anbrüllte), war ein bisschen kleiner, hatte eine scheitelige Plastikfrisur (bei Action Man spross immerhin Kunsthaar) und ein leicht dümmliches Grinsen. Solche mimischen Entgleisungen hatte Action Man nicht nötig, er war der große Stoiker des Kinderzimmers; jeder Unbill begegnete er mit einem Blick irgendwo zwischen teilnahmslos und eisig – auch dem eigenen Ende in den 80er Jahren, mangels Nachfrage.
Mittlerweile gibt es ihn zumindest in England wieder: Aber nicht mehr als Massenspielzeug für Kinder – sondern in kleiner Auflage (und teuer!) für Kinder von einst, die sich in der Midlife-Krise ein wenig Retro-Trost gönnen wollen. Doch der ist trügerisch und flüchtig. Seinem alten Action Man muss man treu bleiben, auch wenn der nur noch im Regal sitzen kann. Wir haben einfach zu viel zusammen erlebt.

Gute Seiten:

www.actionmanhq.co.uk

http://www.action-team.at
Action Man