Gottfried John Goldeneye Bond

Gottfried John und Famke Janssen in „Goldeneye“. Foto: UIP

Am 29. August wäre Schauspieler Gottfried John, der 2014 starb, 75 Jahre alt geworden. Im Januar 2011 war er in der Hauptjury des Saarbrücker Filmfestivals Max Ophüls Preis. Ich habe ihn dort auf einen Kaffee getroffen, hier der Text von damals, der am 22. Januar 2011 erschienen ist.

 

Wie reagiert er wohl, wenn man ihm eine „Goldeneye“-DVD zum Signieren unter die Nase hält? Das mag zwar einer seiner bekanntesten Filme sein – James Bond eben, mit Gottfried John als russischem Widersacher – aber künstlerisch nicht sein wichtigstes Werk. John, 68 und ganz Profi, hat nichts dagegen und unterschreibt, mit elegantem Schwung, mitten hinein in eine eigelbfarbene Explosion.

Wäre es ihm lieber gewesen, die DVD eines seiner nicht wenigen Fassbinder-Filme zu unterschreiben? „Berlin Alexanderplatz“ etwa, „In einem Jahr mit 13 Monden“ oder Welt am Draht“? „Hmm, eigentlich schon“, sagt John mit seinem wohligen Brummbariton, „diese Arbeiten stehen mir innerlich um einiges näher“. Damals, in den frühen 70ern, da habe er Fassbinder zunächst als „pickeligen Jungfilmer“ wahrgenommen. So „intensiv und schön“ die gemeinsame Arbeit auch gewesen sei – dass hier ein wichtiges Kapitel Filmgeschichte geschrieben wurde, das „wurde mir erst später bewusst, auch weil die Arbeit damals nicht von jedem anerkannt wurde“. Dass gerade „Berlin Alexanderplatz“, auf den John besonders stolz ist, Anfang der 80er von der Kritik überwiegend feindlich aufgenommen wurde, verwundert ihn noch heute. Auch wenn er zugibt, dass manch andere Fassbinder-Filme heutzutage „schon ziemlich langsam“ wirken. Der auf persönlicher Ebene berüchtigte Regisseur, der mit Zuckerbrot und Peitsche seinen Künstlerclan in Schach hielt, bereitete John keine Probleme. „Ich war ja nie Teil dieses Clans, denn Fassbinder hat mich nicht entdeckt. Mich gab es vorher ja auch schon.“ Etwa am Schillertheater und im Fernsehen mit „Carlos“, einer „Don Karlos“-Adaption.

Bis heute hat John, kein Mann der Hochkultur-Scheuklappen, zwischen schwerer und leichterer Muse so ziemlich alles gedreht, was in eine Filmografie hineinpasst: „Otto – der Film“, eine Bibelverfilmung, „Tatort“, Volker Schlöndorffs „Der Unhold“, Billy Wilders „Fedora“, „Wolffs Revier“, „Asterix und Obelix“, Synchronarbeit für „Kung Fu Panda“ und jüngst „Rumpelstilzchen“. Der Eindruck, dass da jemand seine Karriere strategisch geplant hat, drängt sich nicht auf. „Das wollte ich auch nie, das kann man eigentlich nicht.“ All diese Rollen machten gemeinsam den Reiz des Berufs aus. „Es gibt diesen alten Schauspielerspruch von Shakespeare: Lasst mich auch den Löwen spielen!“

1995 hat er im besagten Bond-Film „Goldeneye“ mitgespielt. Ist man da nur ein kleines Rädchen in einer großen, gut geölten Kino-Maschinerie? Sicher, die Gefahr drohe, „doch innerhalb des gesteckten Rahmens hat man schon seine Möglichkeiten“. Was ihn am meisten verblüffte: Als er sich den 007-Produzenten und Casting-Agenten in London vorstellte, kannten die sich bei Fassbinder besser aus als John selbst.

International hatte er zwar schon vorher gearbeitet, doch der 007-Riesenzirkus hat seine Karriere im Rest der Welt damals noch einmal beschleunigt. Wobei er sich ein wenig wundert, dass eine Nebenrolle in einer internationalen Produktion hierzulande medial mehr Aufmerksamkeit erregt als eine Hauptrolle in einem heimischen Film. Eine US- und eine englische Agentur hatte er damals („auf diesem Riesenmarkt unumgänglich“) und lebte bis vor zwei Jahren in Belgien. Das sei ebenso der zentralen Lage in Europa geschuldet – „in drei Stunden ist man überall“ – wie den Steuersätzen.

Mittlerweile hat John nicht einmal eine deutsche Agentur – ungewöhnlich, auch im Umfeld eines Nachwuchsfestivals mit Jungstars, deren Agenturen schon mal ein Interview ablehnen, wenn man nicht nur über den neuesten Film sprechen will. „Die Angebote kommen auch so“, sagt John und lächelt sein sehr plötzlich aufscheinendes, ein bisschen verlegen wirkendes Lächeln – vielleicht in Sorge, so ein Satz könne pompös klingen (tut er nicht). John strahlt eher die Gelassenheit aus von jemandem, der so ziemlich alles gesehen und gespielt hat, mit Fassbinder ebenso zurande kam wie mit Russell Crowe, dem Kollegen mit höchster Rüpel-Reputation (in „Proof of life“): „Ein bisschen heftig war er, aber eigentlich wie ein großer Junge.“ Johns pragmatisches Fazit über seinen Beruf und seine Unwägbarkeiten: „Überall wird nur mit Wasser gekocht. Nur sind die Pötte manchmal größer, manchmal kleiner.“