Film und dieses & jenes

Schlagwort: Komödie

„Reif für die Insel“ mit Laure Calamy und Olivia Cote

 

Szene aus Kinofilm "Reif für die Insel", mit Laure Calamy (links) und Olivia Cote.

Die holprige Reise zweier Jugendfreundinnen, die sich erstmal wenig zu sagen haben – eine Szene mit Laure Calamy (links) und Olivia Cote. Foto: Happy Entertainment

 

Der französische Film „Reif für die Insel“ erzählt von zwei Nicht-mehr-Freundinnen und einer holprigen Reise. Kein Film der großen Überraschungen, aber eine Komödie der bittersüßen Momente – und der guten Darstellerinnen.

Lach-Yoga? Das ist nichts für Blandine. Zum Lachen sucht sie lieber den sprichwörtlichen Keller auf. Mit dem uncharmanten Satz „Ich glaube, ich bin von Schwachköpfen umgegeben“ lässt sie den Yoga-Kurs hinter sich und igelt sich wieder in ihrem Pariser Vorstadthäuschen ein. Aus dem zieht gerade der Sohn aus, des Studiums wegen, und der Gatte ist schon weg: Er lebt mit einer Freundin im Alter des Sohns zusammen, sie ist schwanger, die Hochzeit steht an. Man kann verstehen, dass Blandine argwöhnt, dass das Leben etwas an ihr vorbeizieht – beziehungsweise so farblos ist wie ihre Garderobe.​

Jugenderinnerung „Le grand bleu“​

Ein wenig Farbe will der Sohn hereinbringen: Per Facebook sucht und findet er Blandines einst beste Freundin Magalie. Bis die Freundschaft zerbrach, hörten sie zusammen gerne die CD zu „Le grand bleu“, Luc Bessons 1988er Taucherfilm, und träumten sich in ein anderes Leben – auf die Insel Amorgos, wo das Wasser türkis schimmert und die Freiheit endlos scheint. Der Sohn arrangiert ein Treffen der alten Freundinnen – doch diese endet als ziemliche Enttäuschung (ist filmisch aber eine flott geschriebene, gut gespielte Dialogszene).​

Klassische Lebensfragen​

Was wird aus Jugendfreundschaften, wenn die Jugend längst vergangen ist?  Was wird aus frühen Lebensentwürfen, wenn sich alles doch ganz anders entwickelt hat? Und ab wann ist es zu spät, dem Leben eine andere Richtung zu geben? Mit diesen Fragen jongliert der französische Autor/Regisseur Marc Fitoussi (47) in seiner freundlichen, famos gespielten Komödie, deren deutscher Titel „Reif für die Insel“ ein bisschen flach-flapsig nach Urlaubs-Jux klingt. Im französischen Original heißt der Film „Les cyclades“, nach jener griechischen Inselgruppe, die die beiden ehemaligen Freundinnen bereisen werden – eine Odyssee, die Blandines Sohn organisiert hat, weil ihm nicht klar ist, dass die beiden Frauen sich bei der Wiederbegegnung wenig zu sagen hatten.​

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Das ist auf der Reise erstmal nicht anders – Blandine hält die chronisch bargeldlose Magalie, die neue Kleider einmal trägt und am nächsten Tag im  Geschäft zurückgibt, für die „größte Schmarotzerin der Welt“. Magalie hingegen hält Blandine für eine verblühte Langeweilerin und Übervorsichtige, die sogar mit Steppjacke ins sommerliche Griechenland reist – für den Fall einer zu aktiven Klimaanlage im Hotel. Aus solchen Kontrasten lassen sich natürlich bewährte filmische Funken schlagen – siehe Vorgänger wie „Das seltsame Paar“ und „Ein Ticket für zwei“. Und so gewinnt der Film seiner holprigen Reise von Insel zu Insel, mit verpassten Fähren und auffliegendem Schwarzfahren, einige Komik ab.​

Spitzname „Tinnitus“​

Jenseits dessen aber erzählt der Film eine anrührende Freundschaftsgeschichte – zwar nicht ohne Klischees und durchaus im Rahmen des Erwartbaren, aber mit Schwung und einer exzellenten Besetzung: Laure Calamy hat mit Regisseur Fitoussi in einigen Folgen der Serie „Call my Agent!“ zusammengearbeitet; hier nun spielt sie mit viel Energie die aufgedrehte Magalie (ihr Spitzname ist treffenderweise „Tinnitus“), die den Widrigkeiten des Lebens manchmal etwas zu demonstrativ entgegengrinst; ihre Tanzszene in einer Gruppe deutscher Archäologen ist hinreißend, ebenso ihre Ukulele-Darbietung der 80er-Jahre-Schnulze „Words“. Wenn die Fassade des ewigen Optimismus manchmal bröckelt, wenn Magalie etwa Arbeitslosigkeit nicht mehr als selbst gewählte Freiheit verkaufen kann, wenn für Augenblicke so etwas wie leichte Verzweiflung durchscheint, bleibt Calamys Darstellung glaubwürdig.​

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Die Rolle der Blandine bietet weniger große Auftritte, umso mehr leistet Olivia Cote als Unterkühlte, die unter südlicher Sonne langsam auftaut und lange verschüttete und/oder verdrängte Gefühle offenbart. Letzteres auch in den Begegnungen mit einem Brüsseler Surfer und mit einer hippiesken Diva (Kristin Scott Thomas), die anfangs ziemlich herrisch wirkt und gut abgehangene Bohème-Kalendersprüche deklamiert, aber auch ihre Schattierungen und Tiefen hat. In tiefste psychologische Abgründe mag der Film dabei nicht blicken, flach ist er aber auch nicht. Und, bei diesem Wetter höchst willkommen, sonnendurchflutet.​

Der Film läuft bundesweit in den Kinos, in Saarbrücken ist er in der Camera Zwo zu sehen.

Schrecklich: „Das Nonnenrennen“ von Laurent Tirard

Das Nonnenrennen Valérie Bonneton

Davon träumt die Mutter Oberin Véronique (Valérie Bonneton): ein römisches Selfie mit dem Papst (Serge Peyrat).     Foto: Prokino

Oje. Wäre dieser Film ein Rennrad – das handlungstreibende Fortbewegungsmittel – dann hätte es sehr wenig Luft in den Reifen und würde auf den Felgen dahinknirschen. Da nutzt auch hektisches Treten in die Pedale wenig, man kommt nicht vom Fleck und ermüdet zügig. Die französische Komödie „Das Nonnenrennen“ ist merkwürdig. Sie bemüht sich um Tempo, die Gag-Dichte ist hoch – und doch zündet wenig, und der 90-Minüter fühlt sich an wie ein Zweieinhalbstunden-Film.​

Die Wiesen mögen sattgrün sein, die Vögel mögen singen, doch im französischen Jura ist die Welt nicht mehr in Ordnung: Einer Handvoll Nonnen eines Benediktinerinnen-Klosters fällt auf, wie eng und voll es ist im lokalen und maroden Altersheim. Sie wollen Zuschüsse beantragen, aber ihr Schreiben landet in einer Amtsstube bloß auf einem meterhohen Papierstapel. Doch ein Radrennen im Ort verheißt ein Preisgeld von 25 000 Euro. Da wollen die Nonnen mitstrampeln, auch wenn nicht einmal jede von ihnen bisher auf einem Radsattel gesessen hat.​

Immer auf der Suche nach dem schnellen Lacher​

Eine sympathisch angeschrägte Idee, aber der Film macht wenig draus. Regisseur und Ko-Drehbuchautor Laurent Tirard („Asterix und Obelix – im Auftrag ihrer Majestät“) interessiert sich vor allem für den kurzfristigen Gag, den schnellen Lacher, für seine Figuren spürbar weniger. Den Nonnen gibt er per Rückblenden zwar Mini-Biografien mit, aber das bleibt doch herzlich flach; eine von ihnen etwa ist eine ehemalige Drogendealerin, die bei einer Schießerei von einer Bibel gerettet wurde – eine Kugel blieb im Buch stecken. Eine andere hat ein Schweigegelübde abgelegt und für jede Situation ein Schild parat – etwa eines mit „Aaaargh!“ als sie beim Radeln einen Abhang herabstürzt. Das ist zwei-, höchstens dreimal amüsant, doch der Film melkt die Idee gnadenlos zu Tode. Witziger, relativ gesehen, sind da Einfälle wie die Rad-Kunststücke einer konkurrierenden Nonnen-Truppe, untermalt von Johann Strauss’ Walzerklängen.​

Vorbild Louis de Funès?​

Man fühlt sich ein wenig an die Komödien-Atmosphäre der 1960er und 1970er mit Louis de Funès erinnert – eine Szene mit einem gebrochenen Bein, im 90-Grad-Winkel abgeknickt – wirkt wie ein Zitat aus dessen „Brust oder Keule“. Aber hatten solche Filme Tempo, ist das „Nonnenrennen“ bloß hektisch und kurzatmig. Gerne lässt Tirard seine Figuren hinfallen, umfallen, ausrutschen oder kreischen, seine Schauspielerinnen grimassieren, die Augen aufreißen, den Mund staunend offenstehen lassen – das wird einem schnell zu viel.​

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Ein Konflikt mit einer anderen Ordensschwester endet seifig-simpel-sentimental, und irgendwie hat dieser Film nichts mit der realen Welt zu tun: Das Kloster ist bloß ein schrulliger Hort der Verschrobenheit, und das marode Altersheim, immerhin Auslöser des Ganzen, interessiert den Film kaum; abgesehen vom zweifelhaften Pseudo-Gag, dass dort eine Frau mit ihrem Rollator zu langsam am Fernseher des Heims vorbeischleicht und so ihre Mitbewohner enerviert. Für einen schnellen Lacher tut dieser Film eben alles.​

„Die Goldenen Jahre“ von Barbara Kulcsar

Windstille herrscht in der Ehe von Peter (Stefan Kurt) und Alice (Esther Gemsch).  Foto: Alamode

 

Das ist wohl der Härtest für nicht wenige Ehen: die gemeinsame Rente. Man hat wieder mehr Zeit füreinander – aber ist das etwas zwingend Gutes? Und kann man nach Jahrzehnten im Arbeitsrhythmus mit so viel ungewohnter Freiheit überhaupt umgehen? Bei Alice (Esther Gemsch) und Peter (Stefan Kurt) lässt es sich erstmal gut an, auch wenn es kleine Irritationen gibt.​

Peter, der sich nach dem Abschied aus seinem Büro vor allem auf das Ausschlafen freut, kann dem liebevoll gehauchten „Guten Morgen“ seiner Frau wenig abgewinnen, wenn es erst sieben Uhr morgens ist. Und Alice, die den Göttergatten nun, da er mehr Zeit hat, in die Haushaltsarbeit integrieren will, sieht sich mit passivem Widerstand konfrontiert: Er versucht, erstmal, im Sitzen Staub zu saugen. Und einig ist man sich nicht auch bei der nächsten Lebensphase: Sie will raus aus dem großen Haus und in eine neue Wohnung. Er lieber nicht. Es gibt also einiges zu besprechen – kann eine gemeinsame Kreuzfahrt, das Geschenk der Kinder zur Rente, die Wogen glätten und die beiden wieder einander näherbringen?​

Die schweizerisch-deutsche Produktion „Die goldenen Jahre“ ist ein charmanter, flotter Film in bunten Farben. Eben das, was gerne als „Wohlfühlkomödie“ bezeichnet wird, von denen es ja gute und viele schlechte gibt – dieser Film ist eine der guten. Drehbuchautorin Petra Volpe stellt manche Sinnfragen und macht es sich bei den Antworten nicht allzu leicht, auch wenn man es hier nicht mit Ingmar Bergmans „Szenen einer Ehe“ zu tun hat. Doch bei der Kreuzfahrt offenbart diese Lebensgemeinschaft ihre Schlagseite. Dass Peter Veganismus und Alkoholfreiheit für sich entdeckt, im Gegensatz zur Gattin, ist nur eine Petitesse. Doch im Ehebett des Luxusdampfers herrscht Windstille seitens Peter. Er flüchtet sich nach einer Nackenmassage vor seiner Frau auf die Toilette, spricht von akutem Sodbrennen – eine Szene, die auch klamottig hätte ausfallen können, hier aber sehr berührend ist. Er habe einfach keine Lust mehr, sagt Peter zur Alices Erschütterung und vielleicht zu seinem eigenen Erstaunen. „Ganz allgemein. Es ist mir nicht mehr so wichtig.“

Nicht mehr so wichtig scheint ihm überhaupt eine Nähe zu Alice, in welcher Form auch immer. Lieber sitzt er auf dem Schiff in der Sonne mit dem gemeinsamen, frisch verwitweten Freund Heinz (Ueli Jäggi), den er gebeten hat, mit auf See zu gehen – vielleicht um ihn zu trösten, vielleicht um nicht alleine mit seiner Frau zu sein, auch wenn da immer noch eine große Zuneigung zu spüren ist. Aber in vielen Fragen, die man sich jetzt erst in der Ruhe der Rente stellt, liegen die beiden weit auseinander. Sollte man etwa eine Affäre verschweigen, um den Partner nicht zu verletzen (Peters Auffassung) – oder alles offenlegen, weil Ehrlichkeit wichtiger ist als Schonung (Alices Auffassung)?​

Das Thema Affäre taucht überhaupt erst auf, weil sie beide wissen, dass Heinz‘ verstorbene Frau in den vergangenen Jahren regelmäßig alleine nach Toulouse gefahren ist und vor ihrem Mann glühende Liebesbriefe versteckt hat. Absender: „Claude“. Als es Alice zu viel wird mit der Männerfreundschaft Peter/Heinz (sie lesen an Bord sogar das gleiche Buch, „Ein Mann und sein Rad“), setzt sie sich bei einem Landurlaub in Marseille ab und macht sich auf in Richtung Claude (mit anderem Ausgang als erwartet). Zwischendurch trifft sie ein Hippiepärchen in mittleren Jahren und kaut ihren ersten Drogenpilz. Dem Gatten schreibt sie lapidar von einer „Auszeit“ – war es das mit dieser Ehe?​

Regisseurin Barbara Kulcsar inszeniert das flott, kann sich dabei auf ihre Darsteller verlassen (Gemsch und Kurt sind famos), während Kameramann Tobias Dengler das Ganze in wonnig-bunte Bilder im Cinemascope kleidet:  Das Meer strahlt ebenso Türkis wie das berufsjugendliche Radfahr-Trikot von Peter, die Sonne scheint überall – eine Komödien-Wohlfühl-Optik. Hier werden gekonnt mit leichter Hand die schwereren Fragen behandelt: Kann man sich trennen wollen, obwohl man sich noch liebt? Kann platonische Freundschaft, in welcher Geschlechterkonstellation auch immer, so erfüllend sein wie die Liebe in einer Beziehung – und stabiler sowieso? Peter und Alice finden jedenfalls einen Weg, der einer ist von vielen möglichen.

„Die Küchenbrigade“ von Louis-Julien Petit

Audrey Lamy Die Küchenbrigade

Köchin Cathy Marie (Audrey Lamy) bei der Ravioli-Schadensbegrenzung. Foto: Piffl Medien

„Arbeit gibt es überall!“, verkündet die Köchin Cathy Marie – und stapft mit großer Geste aus dem Sterne-Lokal. Dort hat sie sich gerade einmal zu viel mit ihrer Chefin angelegt. Doch so einfach ist das nicht mit der Stellensuche, und der Traum eines eigenen Restaurants rückt weiter weg als je zuvor. Nur eine Stelle tut sich auf, die die ehemalige Sous-Chefin allerdings als Abstieg empfindet: die Arbeit als Kantinenköchin in einem Heim für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Doch mangels Alternativen beißt sie sozusagen in den sauren Apfel, muss erstmal die Kantine auf ein hygienisches Mindestmaß bringen und dann tonnenweise leere Ravioli-Dosen entsorgen. Denn die hat ihr Vorgänger den Flüchtlingen vorgesetzt, in den Augen des Heimleiters eine logische Entscheidung. „Sie lieben Fußball und Ravioli, und deshalb bekommen sie Fußball und Ravioli.“ Außerdem bekomme er vom Staat bloß acht Euro pro Person pro Tag fürs Essen. Die Köchin versteht die Welt nicht mehr, duscht die nächsten Ravioli erst einmal ab und köchelt ihnen eine frische Soße. Doch eine Welle der Dankbarkeit brandet ihr weder von Heimleitung noch Bewohnern entgegen.

2018 hatte der französische Regisseur und Autor Louis-Julien Petit mit seinem Film „Der Glanz der Unsichtbaren“ von Obdachlosigkeit erzählt, von Gewalt gegen Frauen und von aufreibender Sozialarbeit – und das in Form einer Komödie, mit großem Erfolg in Frankreich. Auch in „Küchenbrigade“ will er wichtige, aber eben unkommerzielle Themen wie Migration, Integration, Abschiebung einem großen Publikum nahebringen – mit einigem Witz und mit Optimismus inmitten vieler Schwierigkeiten.

In dem Heim in Nordfrankreich – gedreht wurde an der Cote d’Opale – ist die Luft anfangs dick. Die mitunter störrische Köchin (Audrey Lamy) muss erst einmal den professionellen Abstieg verdauen und die papierdünnen Wände des Hauses ertragen lernen; der idealistische, aber etwas ermüdete Heimleiter (Francois Cluzet) hat auf keine Primadonna in der Kantinenköchin gewartet; und die Flüchtigen müssen ihre Abschiebung fürchten, wenn sie als Volljährige keine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle haben – die Frage, ob die Ravioli-Soße nun aus der Dose kommt oder frisch geköchelt wurde, ist für sie zweit- bis drittrangig.

Der Wohlfühl-Pegel soll oben bleiben

Und doch entwickelt sich langsam ein gegenseitiges Verständnis, als Cathy die jungen Männer in die Küchenarbeit einbindet, ihnen feste Strukturen gibt und das Leben im Heim etwas unterhaltsamer macht – auch wenn sie sich erst einmal durchsetzen muss. Ein junger Mann etwa erklärt ihr, dass bei ihm „zuhause nur die Frauen kochen“, und weigert sich, den Gemüseschäler auch nur anzufassen. Doch der Konflikt ist bald behoben, nachdem er ihr im Fernsehraum die Mannschaften einer afrikanischen Meisterschaft erklärt hat. Für die Köchin gilt: „In meiner Küche gibt es keine Religion, keine Sexualität, keine Nationalität.“ Und die jungen Männer halten sich ebenso daran wie der Film, denn hier brechen keine Konflikte wegen Glaubensfragen aus, es gibt keine Probleme mit den verschiedenen Sprachen, nicht mit Aggression, nicht mit eventuellen Traumata. Wenn der Film da eine flott geschnittene Küchenszene serviert, in der alle glücklich schnippeln und brutzeln, unterlegt von französischer Discomusik, wirkt er schon arg bemüht, den Wohlfühl-Pegel nach oben zu heben.

An anderen Stellen aber lässt der Film die wirkliche Welt einsickern – wenn einer der Jugendlichen, der einst ohne Papiere einreiste, von der Polizei abgeholt und abgeschoben wird; eine medizinische Analyse hatte ergeben, dass er wohl mittlerweile volljährig ist, und der Heimleiter konnte ihm trotz aller Mühe keine Ausbildungsstätte vermitteln. Eindrücklich ist auch die Szene, in der die jungen Männer in Cathys altem Restaurant essen und ihre Stimmen aus dem Off erzählen, woher sie kommen und welche Hoffnungen sie mit einem Leben in Frankreich verbinden. Reale Sätze sind das, keine Drehbuch-Fiktionen, denn besetzt sind diese Rollen mit tatsächlichen Flüchtlingen, die für den Film gecastet wurden und hier ihre Geschichte erzählen (und im Film famos spielen).

Im finalen Viertel der „Küchenbrigade“ macht Cathy bei einer ihr herzlich verhassten Koch-Fernsehshow mit, mit edlen Rezepten und einem cleveren Plan, der das schrill-bunte TV-Format zugunsten von etwas Realismus geradezu subversiv nutzen wird. Da wird es filmisch etwas hektisch, sehr optimistisch, aber dann doch nicht märchenhaft. Kochkunst rettet nicht jeden vor der Abschiebung.

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