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Edler Zwirn, feine Nase: Der schwedische Mehrteiler „Hjerson“

Hjerson (Johan Rehborg) und Sandberg (Anna Halström). Foto. ZDF / Edel Motion

Ermittlungsarbeit in der Küche: Hjerson (Johan Rehborg) und Sandberg (Anna Halström). Foto. ZDF / Edel Motion

„Das Letzte, was die Welt jetzt braucht, ist eine weitere Krimireihe im Fernsehen.“ Sagt die Hauptfigur einer weiteren Krimireihe im Fernsehen. Vielleicht soll diese Ironie auf der Meta-Ebene ja der Kritik den Wind aus den Segeln nehmen – angesichts einer unbestreitbaren TV-Krimi-Schwemme, nicht zuletzt aus den skandinavischen Ländern. „Hjerson“ heißt dieser Mehrteiler aus Schweden, dessen Ursprung in England liegt: bei Agatha Christie, der Königin des „Whodunit“, bei dem die minutiöse Aufklärung eines Verbrechens mit möglichst vielen Verdächtigten im Zentrum steht.

Christie (1890-1976) erfand nicht nur den Meisterdetektiv Hercule Poirot oder die Miss Marple, sondern auch eine Krimischriftstellerin namens Ariadne Oliver, die wiederum eine Hauptperson für ihre Krimis ersonnen hat: den schwedischen Ermittler Sven Hjerson. Und eben der ist die Titelfigur dieses ambitionierten Mehrteilers (vier mal 90 Minuten). Wie nahe der nun dem Werk Agatha Christies steht oder ob man sich vor allem mit ihrem Namen schmücken will, müssen deren Kenner beurteilen. Sehenswert ist „Hjerson“ jedenfalls, wobei sich die Serie abhebt von einigen anderen Krimis aus Skandinavien, bei denen Orte wie Seelenlandschaften gerne neblig trüb sind. „Hjerson“ ist bunter (wie seine Kleidung), filmisch verspielter und humoristischer – den Todesfällen und schicksalhaften Verstrickungen zum Trotz.

„Milf-Hotel“ füllt geistig nicht mehr aus

Zu Beginn steckt die TV-Produzentin Klara Sandberg (Hanna Alström) in der Krise – Trashformate wie „Milf Hotel“ füllen sie nicht aus, doch eine neue Idee beflügelt sie: Warum nicht eine halb-dokumentarische Krimi-Serie mit dem legendären Ermittler Sven Hjerson (Johan Rheborg) auf den Weg bringen, der einige der kniffligsten Fälle der schwedischen Kriminalgeschichte aufgedröselt hat? Das erste Problem: Hjerson hat sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, scheint unauffindbar. Das zweite Problem: Als Sandberg ihn aufspürt, hat er nicht das geringste Interesse, Teil einer TV-Serie zu werden. Er braucht die Welt nicht, seine erlesene Garderobe und der tägliche Gang zum Friseur (trotz schütteren Haars) sind ihm Lebensbegleiter genug. Doch flüchten kann er vor der TV-Produzentin nicht, befinden sich beide doch auf einer Fähre. Als dort ein Mord geschieht, kann Hjerson den alten Spürsinn nicht verdrängen (und die Fernsehfrau nicht loswerden).

Vor dem Hintergrund der Krimi-Handlung – etwa einem Todesfall bei Kino-Dreharbeiten – erzählen die Episoden von der beginnenden Freundschaft zwischen Ermittler und Produzentin, von deren etwas aus dem Tritt gekommenen Liebesleben und Hjersons schwieriger und verdrängter Kindheit, die er langsam aufblättert. Gerade dieser Strang ist interessant (manchmal interessanter als der Krimi-Plot), zumal Darsteller Rheborg die Kauzigkeit und die Ticks von Hjerson nicht überzieht – man fühlt mit ihm mit, trotz seiner immer mal aufblitzenden Arroganz und seiner scheinbaren Gefühlskühle.

Die erste Staffel von „Hjerson“ ist in der Mediathek des ZDF zu sehen und auf DVD bei Edel-Motion erschienen.
DVD-Extra: Ein kurzes Interview mit den Hauptdarstellern.

„Captain Future“ auf Bluray – Wiedersehen mit einem Helden der Kindheit

Captain Future Captain Future Captain Future Captain Future Captain Future

 

 

Den medialen Helden seiner Kindheit Jahrzehnte später wiederzubegegnen, ist riskant – manche Heroen von einst entpuppen sich als große Langweiler. Wie verhält sich das mit Captain Future, der mit seinem Raumschiff „Comet“ ab 1980 im ZDF-Programm herumsauste?  Seine Abenteuer sind wieder auf DVD und erstmals auf Blu-ray zu haben.

Samstagmittags, gegen halb 3, da ging es ins Weltall – zumindest Anfang der 1980er. Da lud das ZDF alle Vorpubertierenden ein, mit ins Raumschiff „Comet“ zu steigen und das All vor allerlei Ungemach zu bewahren: an der Seite von Captain Future, dem Titelhelden jener Zeichentrickserie, und seines durchaus bunten Personals: ein Kunststoff-Androide namens Otto, ein stahlglänzender Roboter namens Grag und, als akademische Unterfütterung, Professor Wright – ein bloßes Gehirn, das in einem Behälter umherschwebt. Mit ihnen suchte man „nach der Quelle der Materie“, löste das „Geheimnis der sieben Steine“ oder traf „die Elektromenschen“ – allesamt verheißungsvolle Episodentitel. Bunte Abenteuer in knalligen Trickfilmwelten waren das, ideal für 13-, 14-Jährige, denen Sätze wie „Photonentriebwerk Y3 volle Leistung!!“ durch Mark und Bein gingen; vor allem, wenn sie von Christian Bruhns schmissigem Disco-Sound begleitet wurden – so schmissig übrigens, dass eine seiner Aufnahmen etwas aufgepeppt 1998 ein veritabler Tanzhit in Großraumdiscos wurde.

Warum dieser „Heidi“-Effekt?

Dass Bruhns Musik gar nicht mal die Originaluntermalung war, wussten wir damals nicht – ebenfalls nicht, dass die Serie aus Japan kam, auch wenn manche ruckeligen Animationen und rehäugige Kindchen-Schemata durchaus an Trickserien wie „Heidi“ und die „Biene Maja“ erinnerten, ebenfalls japanische Produktionen.

„Flash Gordon“, die galaktische Kitsch-Torte

Nach 40 Episoden (in Japan waren es ein Dutzend mehr) war im All alles gesagt, der Captain war hinfort, aber nicht vergessen. Vor 13 Jahren erschien eine erste DVD-Edition, die schnell vergriffen und dann nur noch zu schmerzhaften Sammlerpreisen zu haben war. Nun erscheinen die Abenteuer wieder auf DVD und erstmals auch auf hochauflösender Blu-ray; deren Bild müsste für wahren HD-Genuss etwas schärfer sein, aber die Geschichten haben sich gut gehalten: durchweg flott erzählt, mit einiger Action und manchmal auch etwas Grusel (was Jugendschützern einst gar nicht gefiel) – etwa im Auftakt „Der Herrscher von Megara“: Dessen Titelheld verwandelt Siedler auf einem fernen Planeten in Affenmonster, was die terrestrischen Kolonialpläne durchkreuzt.

„Da, links, ein Raumschiff!“

Als gereifter Zuschauer macht man sich heute bei dramatischen Feststellungen wie „Ich glaube, das Hypnotrom ist beschädigt“ deutlich weniger Sorgen als noch vor 35 Jahren; andere Sätze sind heute ein sprudelnder Quell der Heiterkeit. „Da, links, ein Raumschiff!“ vermittelt immerhin die Gewissheit, dass es im All zwar kein Oben und Unten gibt, wohl aber ein Rechts und ein Links. Auch das Verhältnis der Geschlechter ist noch festgefügt: Als Future eine Gegnerin (höchst simpel) übertölpelt, konstatiert er etwas mitleidig: „Ach, sie sind und bleiben eine Frau.“ Das würde sich heute kein Weltall-Held mehr trauen.

Als Gesamtedition und als Staffelboxen bei Universum Film erschienen.

 

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