In den 90er Jahren war sie ein Phänomen – und vielleicht die größte Band der Welt: Oasis aus Manchester, mit dem in Hassliebe verbundenen Brüderpaar Liam und Noel Gallagher. Eine Dokumentation zeichnet den rasanten Aufstieg der Gruppe nach und den Konflikt zweier großer Egos (und ziemlich witziger Schnodderschnauzen).

Gnädig ist es, aber auch schade, dass der Film auf dem kommerziellen Gipfel der Band endet: Da treten Oasis in Knebworth an zwei Tagen vor insgesamt 250 000 Menschen auf – damals, 1996, ist es das bisher größte Konzert in England. Was danach kommt für die Gruppe aus Manchester – schwächer werdende Alben, der schwelende, schließlich explodierende Konflikt der beiden Gallagher-Brüder, das Ende der Band 2009 – lässt der Film außen vor.

Legendäre Großmäuler

Dennoch ist „Supersonic“ von Mat Whitecross sehenswert und enorm unterhaltsam; von großen Egos erzählt er und von zwei legendären Großmäulern: Da ist Liam Gallagher, Oasis-Sänger, der Songs wie „Wonderwall“ mit unbändigem Leben füllt – die Arme beim Singen hinterm Rücken gekreuzt, die Stücke mit rotziger Arroganz und dennoch Seele gesungen. Ein begnadeter Rockstar – mit dem richtigen Songmaterial. Und da ist Noel Gallagher, der fünf Jahre ältere Bruder, kein begnadeter Rockstar – aber er schreibt die in den ersten Jahren grandiosen Stücke. Diese Rivalität und das Wissen beider, dass der andere etwas besser kann als man selbst, ist der rote Faden in der Oasis-Historie, in der Familiengeschichte und im Film.

Ein Konzert mit Gary Numan 

Regisseur Whitecross montiert alte Familienvideos, erste Probenmitschnitte, Interviews, TV-Auftritte und Konzertbilder zu einer Aufstiegsgeschichte, die auch von einem gewissen Größenwahn befeuert wird. Der Dance-Szene, die in der Band-Heimat Manchester in den 90ern grassiert, sagen die Gallaghers ebenso den Kampf an wie der Musik des reiferen Publikums: „Wenn wir nicht irgendwann den abgetrennten Kopf von Phil Collins in unserem Kühlschrank haben, sind wir gescheitert.“ Der Kühlschrank bleibt in dieser Hinsicht zwar leer, aber die ersten Alben „Definitely Maybe“ (1994) und „(What’s the Story), Morning Glory“ (1995) werden zu Klassikern des sogenannten Britpop. In diese aufregende Zeit führt der Film bildreich zurück, aus dem Off kommentiert von den (getrennt befragten Brüdern).

Wenn der Chef Witze reißt, lacht man gerne lauter

Eine reine Erfolgsgeschichte entspinnt sich nicht – auch um einen prügelnden Vater geht es, um kindliche Traumata und um die wohl unumgänglichen Klischee-Exzesse: demolierte Hotelzimmer und Drogen. Der Drummer der ersten Stunde wird entlassen (später verklagt er die Band), und Noel Gallagher gibt Interviews, die man durchaus großkotzig nennen kann: In einem lästert er über die Nutzlosigkeit von Schlagzeugern und vergleicht sie mit Orang-Utans; neben ihm sitzt der Gitarrist und lacht so nervös wie pflichtschuldig mit – wenn der Chef Witze reißt, da lacht man halt ein bisschen lauter mit.
Humoristisch ist auch die deutsche Tonspur – da versuchen deutsche Synchronsprecher den durchweg fluchbestückten Slang der Gallaghers zu übertragen. Vergeblich, aber ungewollt komisch. Original mit Untertiteln empfiehlt sich eher bei dieser packenden Doku, die weder überkritisch noch distanzlos ist.

DVD und Blu-ray sind bei bei Ascot/Elite erschienen.