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Schlagwort: Die glorreichen Sieben

„Sador – Herrscher im Weltraum“ – wie Roger Corman sich seinen „Krieg der Sterne“ bastelte

Die Heimkino-Ausgabe von "Sador - Herrscher im Weltraum".

Die Heimkino-Ausgabe von „Sador – Herrscher im Weltraum“.

 

Dank „Krieg der Sterne“ sausten Ende der 1970er viele Filme ins Weltall. Auch der begnadete Produzent Roger Corman mischte mit – mit seinem Händchen für Talente und niedrige Kosten. Sein Film „Sador – Herrscher im Weltraum“ ist jetzt wieder zu sehen – im Heimkino.

Hauptsache Weltraum! Am 25. Mai 1977 startet ein mittelgroßer Film namens „Krieg der Sterne“ in den US-Kinos, im Februar 1978 dann in Westdeutschland (in der DDR nie). Der Erfolg der Sternensaga mit kilometerlangen Raumschiffen, surrenden Lichtschwertern und einem röchelnden Bösewicht mit Helm in Wehrmachts-Optik, ist galaktisch. Flugs sausen viele Kinoproduzenten ins All: Die Besatzung von „Raumschiff Enterprise“ aus dem Fernsehen findet sich via „Star Trek – Der Film“ erstmals im Kino wieder; James Bond tauscht in „Moonraker“ den Smoking gegen einen Raumanzug. Kurz im Kino, länger dann im Fernsehen rauschen „Kampfstern Galactica“ und „Buck Rogers“ umher. Auch „Flash Gordon“ als kunterbunte Genre-Parodie. Für pubertäre Jungs mit einem Faible für Raumschiffe und galaktische Prinzessinnen ist dies eine gloriose Zeit.​

David Hasselhoff im All​

Auch jenseits Hollywoods will man dabei sein. In Japan bricht „Der große Krieg der Planeten“ aus; aus Italien, wo man gerne internationale Trends bedient (ob Sandalen-, Zombie- oder Söldnerfilm), kommt „Star Crash“: ein sympathisches Wunderwerk der antiquierten Spezialeffekte und überenthusiastischen Mimen – inklusive David Hasselhoff, der später im Fernsehen mit seinem Auto spricht und dann mit seinem geschmetterten „Looking for Freedom“ die Mauer zwischen DDR und BRD bröseln lässt.​

Trash-Klassiker „Turkish Star Wars“​

Ein Höhepunkt der Kunst des filmischen Abzockens: In der Türkei setzt man den Star Cüneyt Arkin mit einem Moped-Helm vor eine Leinwand, auf der mittels einer „ausgeborgten“ Filmkopie Szenen aus „Krieg der Sterne“ flimmern – der holprige Film findet unter dem inoffiziellen Titel „Turkish Star Wars“ viele Anhänger. Im All über der Türkei scheint das Urheberrecht so flüchtig zu sein wie Meteoritenstaub.​

Sybil Danning als Weltraumwalküre Saint-Exmin im Film "Sador - Herrscher im Weltraum".

Galaktisches Kostümgestaltung in „Sador“: Sybil Danning als Weltraumwalküre Saint-Exmin. Foto: Plaion​

In diesem Reigen der Imitate und Plagiate darf ein Mann nicht fehlen: US-Produzent Roger Corman, heute 97 Jahre alt. Seit Mitte der 1950er produziert er knallige Filme, im Auge stets Publikumstrends, Zeitgeist und niedrige Kosten. Viel flott Heruntergekurbeltes ist dabei, für den schnellen Konsum in Autokinos etwa, mit Titeln wie „Aufruhr im Mädchenwohnheim“ oder „Teenage Caveman“. Aber immer wieder schillern auch Perlen: nicht zuletzt seine bunten, wunderbar barocken Edgar-Allan-Poe-Adaptionen, meist mit Vincent Price. Oder sein Rockerfilm „Die wilden Engel“, der „Easy Rider“ von 1969 um drei Jahre voraus ist.

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Cormans vielleicht größtes Talent: sein Blick für bisher unentdeckte Talente. Die dürfen bei ihm filmen, wenn sie das Kommerzielle nicht aus dem Blick lassen und mit kleinen Gagen zufrieden sind. Etwa die späteren Großmeister Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, auch Jonathan Demme (später für sein „Schweigen der Lämmer“ berühmt) oder Joe Dante („Gremlins“); der dreht bei Talentschmied Corman im Kielwasser des „Weißen Hai“ seinen originellen Gruselfilm „Piranhas“ – kürzlich noch einmal im Saarbrücker Kino Achteinhalb zu sehen.​

Hommage an „Die glorreichen Sieben“​

Um sich nun an „Star Wars“ zu hängen, kauft Corman 1979 eine altes Holzfabrik, knaubt es zum Studio um und produziert für um die zwei Millionen Dollar (viel für Corman, wenig für ein Raumschlachten-Epos) den Film „Battle beyond the stars“. Der trägt bei uns den weniger epischen Titel „Sador – Herrscher im Weltraum“ und ist jetzt in einer mustergültigen Heimkino-Edition zu haben. Im Film bedroht ein Finsterling ein friedliches Volk auf dem Planeten Akir, dessen Name ziemlich schlüssig ist: Denn der Film ist eine Hommage an Akira Kurosawas Film „Die sieben Samurai“ (1954) und an jenen Western, der vor dem japanischen Original seinen (Cowboy-)Hut zog: „Die glorreichen Sieben“ von 1960, inszeniert von John Sturges.​

 

Robert Vaughn im Film "Sador - Herrscher im Weltraum".

Robert Vaughn, einst in „Die glorreichen Sieben“ zu sehen, einer Inspiration für „Sador“, als Söldner/Killer namens Gelt. Zwölf Jahre nach „Sador“ drehte er übrigens  einen „Tatort“ in Saarbrücken.​ Foto: Plaion

 

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Bösewicht Sador will sich den Planeten unterwerfen – mit einer Waffe namens „Stellarkonverter“, was nicht ganz so bedrohlich klingt wie der „Todesstern“ bei „Star Wars“.  Und so macht sich der junge Shad (Richard Thomas, „John-Boy“ aus der TV-Serie „Die Waltons“) auf ins All, Hilfe zu holen. Zurück kommt er mit einer illustren Kleingruppe, die sich dem Diktator in den Weg stellt: darunter ein Weltraumcowboy (George Peppard), ein Echsenwesen, ein Quintett von Telepathen, eine blonde Walküre im knappen Textil (Sybil Danning) und ein Söldner auf der Flucht; den stellt, ziemlich stoisch, sinnigerweise Robert Vaughn dar, der bei den „Glorreichen Sieben“ mitschoss – und übrigens zwölf Jahre nach „Sador“ in Saarbrücken bei einem „Tatort“ mitspielte.​

Als „Avatar“ für James Cameron noch weit weg war​

Dass die Heldenreise dieser bunten Truppe zu einem guten Ende führt (wenn auch nicht für alle), überrascht nicht. Originell ist aber, wie dieser Film mit bunten Ideen und viel Talent gegen sein schmales Budget angeht, dank Cormans Auge für Begabung: Das witzige Drehbuch schrieb John Sayles, später Star-Autor/Regisseur des US-Independent-Kinos („Lone Star“); die wuchtige Musik komponierte ein damals junger Unbekannter namens James Horner, der später „Titanic“ und „Avatar“ untermalte – beides inszeniert von einem Mann, der bei „Sador“ noch kleinere Brötchen backte, als Designer und Bauer der Raumschiffe: James Cameron. Die Assistentin von Produzent Corman war damals Gale Anne Hurd. Sie und Cameron schrieben später zusammen „Terminator“, sie produzierte Camerons „Aliens“ und „Abyss“, ein paar Jahre miteinander verheiratet waren sie auch. Hollywood, so scheint es, ist ein Dorf.​ Regisseur Jimmy Murakami drehte nach „Sador“ keine Realfilme mehr, aber immerhin den Trickfilmklassiker „Wenn der Wind weht“.

Der Weltraumcowboy (George Peppard) und Shad (Richard Thomas), der Unterstützung für seinen bedrohten Planeten Akir sucht. Foto: Plaion

 

Wer sich in die Entstehungsgeschichte des Films versenken will, kann dies mit dem Bonusmaterial ausreichend tun: mit einem exzellenten Booklet von Stefan Jung über die Hintergründe der Dreharbeiten; mit einem aktuellen Interview mit dem scheinbar alterslosen Richard Thomas, der gerne zugibt, dass er es nie zum Filmstar gebracht hat; mit einem halbstündigen Rückblick auf die Dreharbeiten; und mit zwei Audiokommentaren – von Gale Anne Hurd und, sehr vergnüglich, vom Duo Sayles/Corman. Letzterer erzählt mit einigem Produzentenstolz, dass er die Weltraum-Effekte von „Sador“ in einem halben Dutzend späterer seiner Filme untergebracht hat. Gewusst wie – bezahlt waren die ja schon.​

Die Extras im Einzelnen:

1. Exzellentes Booklet von Stefan Jung, „Corman greift nach den Sternen“.
2. Audiokommentar mit Roger Corman und John Sayles
3. Audiokommentar mit Gale Ann Hurd
4. Rückblick „Space Opera on a shoestring“ (33 Minuten)
5. Interview mit Richard Thomas (15 Minuten)
6. US-Trailer (zweieinhalb Minuten)
7. Radiospot (eine halbe Minute)
8. Bildergalerie mit 127 Motiven – Plakate, Pressefotos, deutscher Werberatschlag.

Erschienen bei Plaion.

Männerfreundschaft und Motoren: Ein Buch über Steve McQueen, Siegfried Rauch und „Le Mans“

Le mans Steve McQueen

Le mans Steve McQueen

Le mans Steve McQueen Siegfried Rauch

 

Rasende Autos, zusammenkrachende Egos – die Dreharbeiten 1970 zum Rennfilm „Le Mans“ hatten es in sich. Abseits des Trubels entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den Darstellern Steve McQueen und Siegfried Rauch, die nun ein Buch verewigt.

Es sollte der definitive Film über den Autorennsport werden und über die 24 Stunden von Le Mans. Doch öfter noch als die Wagen auf der legendären Rennstrecke krachten die Egos ineinander – die von Star/Produzent Steve McQueen und von Regisseur John Sturges. Der war mit McQueen in den Filmen „Die glorreichen Sieben“ und „Gesprengte Ketten“ besser zurecht gekommen. In Le Mans hatte er irgendwann von seinem einmischungsfreudigen Star die Nase voll und verabschiedete sich mit dem schönen Satz „Ich bin zu alt und zu reich für diese Scheiße“. TV-Regisseur Lee Katzin brachte den Film irgendwie zu Ende, ganz glücklich war am Ende niemand – die Rennszenen waren zwar rasant, Dramaturgie und Spannung aber untertourig.

Erfreulicher war da die Freundschaft, die sich zwischen McQueen und seinem Kollegen Siegfried Rauch entwickelte. Der spielte McQueens deutschen Konkurrenten Erich Stahler (ein typisch deutscher Hollywoodname). Von dieser Freundschaft, dem Film und dem Renn-Rummel handelt das bunt gemischte, sehr unterhaltsame Buch „Unser Le Mans“. Da erzählt Rauch, wie das angefangen hat mit McQueen, den er bei den Dreharbeiten erst einmal in Ruhe lässt, was dem Viel-Umrummelten positiv auffällt. Man kommt ins Gespräch, tauscht sich über die jeweiligen armen Kindheiten aus und findet so einen Draht zueinander. Nach den Dreharbeiten geht es gemeinsam nach Paris, später besucht McQueen Rauchs Familie im Schatten der bayerischen Alpen und wird der Taufpate von Rauchs Sohn Benedikt. Irgendwann, wie es halt so geht, verliert man sich aus den Augen, die Jahre fliegen – bis Rauch vom Krebstod McQueens 1980 in der Zeitung liest. Einige Fotos zeigen einen ungewohnt entspannten McQueen in der rustikal gemütlichen Wohnstube Rauchs. Vier Briefe an Rauch sind abgedruckt, in denen der Amerikaner ihn jedesmal anders anredet: „Sigi“, „Siegi“, „Ziggi“ und „Ziggy“. McQueensche Vielfalt.

Diese Freundschaft ist ein Aspekt des Buchs – aber es geht auch generell um das Rennen in Le Mans, um die Dreharbeiten und den Rennsport; da werden einige Porsche vorgestellt, darunter der legendäre 917, Fahrer und Techniker erzählen von damals und heute. Film- und Autofans, McQueen- und Rauch-Anhänger werden bei der Lektüre gleichermaßen zufrieden sein.

 

Unser Le Mans. Siegfried Rauch. Steve McQueen – Der Film. Die Freundschaft. Die Fakten. Herausgegeben von Hans Hammer. Delius Klasing Verlag, 208 Seiten, 29,90 Euro. Die DVD des Films ist bei Paramount erschienen.

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