Über Film und dieses & jenes

Schlagwort: James Bond (Seite 2 von 2)

„SS-GB“ – England unter dem Hakenkreuz

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Superintendent Douglas Archer (Sam Riley) und sein Kollege  Harry Woods (James Cosmo). Foto: Polyband

 

Der BBC-Mehrteiler  „SS-GB“ erzählt – nicht immer gelungen – von einem  England des Jahres 1941, das von den Nazis besetzt ist.

Flaggen mit Hakenkreuzen flattern im winterlichen London, der Buckingham Palace ist halb zerbombt, und bald begeht  man  die große „Woche der deutsch-russischen Freundschaft“. Es ist November 1941: Vor 14 Monaten haben die Nazis die Luftschlacht gewonnen und England besetzt – das britische  Flugzeug des legendären Typs „Spitfire“, das am Anfang dieses Mehrteilers in London landet, ist eines der letzten seiner Art. Jetzt fliegt man mit Messerschmitt und Junkers.

1978 erschien der Roman „SS-GB“ von Len Deighton; der Londoner Autor, der in seinen „Harry Palmer“-Romanen das Agentengenre gegen den Strich bürstete, spekuliert hier, was hätte sein können, hätte England dem Angriff Deutschlands nicht standgehalten. Aus dem Roman haben nun die Drehbuchautoren Neal Purvis and Robert Wade (Bondfilme „Skyfall“, „Spectre“) einen Mehrteiler für die BBC geschrieben, den – ungewöhnlich ist das schon – ein deutscher Regisseur inszeniert hat: Philipp Kadelbach, dessen Weltkriegs-Saga „Unsere Mütter, unsere Väter“ (2013) international erfolgreich war. „SS-GB“ nun ist eine interessante Serie, bleibt aber oftmals unter den Möglichkeiten, die ihre Plot-Prämisse bietet.

Bond-Drehbuchautoren

Im Mittelpunkt steht der Scotland-Yard-Polizist Douglas Archer (Sam Riley), der wegen seiner Ermittlungserfolge einen legendä­ren Ruf genießt und nach der Besetzung äußerlich problemlos unter SS-Führung weiterarbeitet. Die britische  Widerstandsbewegung, die immer wieder Anschläge verübt, sieht er kritisch. „Wir sind unpolitisch“ ist Archers Überlebensmotto, er will ein stabiles London bewahren, für die Zeit, wenn das Land befreit ist.

Archer hat sich also mit den Verhältnissen arrangiert – bis ein scheinbarer Routinemordfall weite Kreise zieht und auch Ermittler in Berlin alarmiert: Um brisante Daten geht es, um Pläne für eine Atombombe und den Versuch des Widerstands, Amerika als Alliierten zu gewinnen. Sich aus allem herauszuhalten, fällt Archer immer schwerer – zumal er eine Affäre mit einer US-Journalistin beginnt, die durchaus eine Agentin sein könnte. Rätselhaft ist auch der eisige Offizier Oscar Huth (Lars Eidinger), der aus Berlin anreist, die Ermittlungen leitet und damit auch Archers Vorgesetztem, dem scheinbar jovialen SS-Mann Kellermann (Rainer Bock) ein Dorn im Auge ist.

 

SS-GB Len Deighton Sam Riley Lars Eidinger Polyband BBC James Cosmo

Lars Eidinger als  Oskar Huth. Foto: Polyband

Ein großes Tableau breitet die aufwändige Serie aus, mit einem graubraunen London und germanisch gelben statt britisch roten Telefonzellen, mit „Großdeutsches Reich“-Briefmarken (Hitler-Konterfei inklusive) und einer originellen Idee: Deutschland lässt Karl Marx in London exhumieren, um den Leichnam den russischen Freunden zu kredenzen – der Widerstand zündet just dort, im Sarg, eine Bombe.

Spannend und wendungsreich ist diese Mischung aus Polit-Spekulation und einer Selbstfindungsgeschichte – aber bisweilen stolpert die Geschichte. Wenn der erfahrene Ermittler merkwürdig blauäugig agiert oder seine tragische Biografie (Frau und Kinder starben bei einem Bombenangriff) klischeehaft pflichtschuldig in den Dialog eingeflochten wird. Hauptdarsteller Sam Riley wirkt zudem sehr blass und raunt im Originalton so ominös, dass man ihn kaum versteht (was auch bei der Austrahlung in England kritisiert wurde). Ärgerlich, dass die DVD keine Untertitel hat, man hätte sie gebraucht.

Während Riley und auch Kate Bosworth als US-Journalistin oft wie merkwürdige Leerstellen wirken (inklusive blutleere Romanze), sind die Nebenrollen durchweg gut besetzt, etwa mit Ronald Zehrfeld und August Zirner als Wehrmachts-Offiziere. Die schillerndste und interessanteste Figur ist der Ehrgeizling Huth, den Lars Eidinger mal eisig arrogant und diabolisch wirken lässt, mal wie einen kleinen Jungen in großer Uniform mit Vaterkomplex. „Ich mag Gewinner“, sagt er, „und Nazis sind Gewinner“.  Nur der Abgang seiner Figur, so viel muss verraten werden, ist mehr als zwiespältig. Da beschwört der Film ein pathosgetränktes, kerniges Heldentum (wofür auch „Unsere Mütter, unsere Väter“ des Regisseurs Kadelbach kritisiert wurde): Eine Augenbinde beim Erschießungskommando, so wirkt das im Film,  ist eben nur etwas für Weichlinge, nichts für schneidig Gescheitelte. Zumindest diese Szene kann einem übel aufstoßen.

Als DVD und Blu-ray bei Polyband.

 

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Wenn das Kino der Kindheit vor sich hin bröckelt

Kino der der Kindheit Nostalgie St. Wendel Central-Theater

Das erste Kino – man vergisst es nie. Da mögen die späteren Filmtheater größer sein, mit perfekter Technik und Leinwand in Fußballplatzgröße protzen, doch nichts kommt mehr heran an die ersten Besuche im Filmtheater – in meinem Fall das Central Theater in der St. Wendeler Brühlstraße, an der Blies gelegen. Schon zu meinen ersten Besuchen, Mitte der 70er, versprühte das Kino den Charme von gestern, schließlich war es ein Kind der Nachkriegszeit, 1946 eröffnet. Sessel würde man die hölzerne Bestuhlung wohl heute nicht mehr nennen – allzu herzhaft schepperten die Sitze per Feder beim Aufstehen nach hinten. Aber es waren magische Momente im Central Theater, meist im Parkett. Denn der so genannte „Sperrsitz“ im hinteren Drittel kostete eine Mark mehr, und der Balkon wurde gemieden, um Taschengeld zu sparen. Ein laut tönender Gong kündigte Filme wie das „Dschungelbuch“ an, mit Louis dem Affenkönig und dem tot geglaubten Bär Balu, der regungslos im Dschungelregen lag. Immer sonntags um 16 Uhr liefen bunte Kinderfilme, die sich vor allem aus der japanischen „Godzilla“-Schmiede rekrutierten. Und im Sommer war das Kinoglück perfekt: Ein gelbrotes Plakat kündete vom „Sommer-Filmfestival“: Jeden Tag lief ein anderer Klassiker, ein buntes Programm zwischen „Papillon“ und dem „Weißen Hai“, der einem den Besuch im St. Wendeler Freibad für einige Tage vergällen konnte. Und nicht zuletzt die Bond-Filme kamen dazu.

Freundlich waren die Kinobetreiber. Wenn man sich die Zeiten in den Schaukästen nicht gründlich ansah und deshalb in den falschen Film marschierte – „Godzilla“ mit Gummimonstern statt „Jeder Kopf hat seinen Preis“ mit Steve McQueen – und das erst 20 Minuten nach Filmbeginn bemerkt hatte, konnte man die Kinokarte später nocheinmal für Herrn McQueens Abenteuer verwenden. Im Freundeskreis sagenumwoben war die Herrentoilette, rechts neben der Leinwand die Treppe hinunter. Von dort aus, so munkelten wir, gäbe es einen direkten Zugang zur Blies, mit besonderem Mut könne man sich also kostenlos ins Kino schleichen. Ausprobiert hat das von uns aber niemand. Und heute geht das nicht mehr – 1998, ein halbes Jahrhundert nach der Eröffnung, hat das Central-Theater geschlossen. Die alten Schaukästen sind noch da, aber alles andere bröckelt.

 

Kino der der Kindheit Nostalgie St. Wendel Central-Theater

 

Kino der der Kindheit Nostalgie St. Wendel Central-Theater

Kino der der Kindheit Nostalgie St. Wendel Central-Theater

Kino der der Kindheit Nostalgie St. Wendel Central-Theater

Kino der der Kindheit Nostalgie St. Wendel Central-Theater

 

Gottfried John zum 75. Geburtstag

Gottfried John Goldeneye Bond

Gottfried John und Famke Janssen in „Goldeneye“. Foto: UIP

Am 29. August wäre Schauspieler Gottfried John, der 2014 starb, 75 Jahre alt geworden. Im Januar 2011 war er in der Hauptjury des Saarbrücker Filmfestivals Max Ophüls Preis. Ich habe ihn dort auf einen Kaffee getroffen, hier der Text von damals, der am 22. Januar 2011 erschienen ist.

 

Wie reagiert er wohl, wenn man ihm eine „Goldeneye“-DVD zum Signieren unter die Nase hält? Das mag zwar einer seiner bekanntesten Filme sein – James Bond eben, mit Gottfried John als russischem Widersacher – aber künstlerisch nicht sein wichtigstes Werk. John, 68 und ganz Profi, hat nichts dagegen und unterschreibt, mit elegantem Schwung, mitten hinein in eine eigelbfarbene Explosion.

Wäre es ihm lieber gewesen, die DVD eines seiner nicht wenigen Fassbinder-Filme zu unterschreiben? „Berlin Alexanderplatz“ etwa, „In einem Jahr mit 13 Monden“ oder Welt am Draht“? „Hmm, eigentlich schon“, sagt John mit seinem wohligen Brummbariton, „diese Arbeiten stehen mir innerlich um einiges näher“. Damals, in den frühen 70ern, da habe er Fassbinder zunächst als „pickeligen Jungfilmer“ wahrgenommen. So „intensiv und schön“ die gemeinsame Arbeit auch gewesen sei – dass hier ein wichtiges Kapitel Filmgeschichte geschrieben wurde, das „wurde mir erst später bewusst, auch weil die Arbeit damals nicht von jedem anerkannt wurde“. Dass gerade „Berlin Alexanderplatz“, auf den John besonders stolz ist, Anfang der 80er von der Kritik überwiegend feindlich aufgenommen wurde, verwundert ihn noch heute. Auch wenn er zugibt, dass manch andere Fassbinder-Filme heutzutage „schon ziemlich langsam“ wirken. Der auf persönlicher Ebene berüchtigte Regisseur, der mit Zuckerbrot und Peitsche seinen Künstlerclan in Schach hielt, bereitete John keine Probleme. „Ich war ja nie Teil dieses Clans, denn Fassbinder hat mich nicht entdeckt. Mich gab es vorher ja auch schon.“ Etwa am Schillertheater und im Fernsehen mit „Carlos“, einer „Don Karlos“-Adaption.

Bis heute hat John, kein Mann der Hochkultur-Scheuklappen, zwischen schwerer und leichterer Muse so ziemlich alles gedreht, was in eine Filmografie hineinpasst: „Otto – der Film“, eine Bibelverfilmung, „Tatort“, Volker Schlöndorffs „Der Unhold“, Billy Wilders „Fedora“, „Wolffs Revier“, „Asterix und Obelix“, Synchronarbeit für „Kung Fu Panda“ und jüngst „Rumpelstilzchen“. Der Eindruck, dass da jemand seine Karriere strategisch geplant hat, drängt sich nicht auf. „Das wollte ich auch nie, das kann man eigentlich nicht.“ All diese Rollen machten gemeinsam den Reiz des Berufs aus. „Es gibt diesen alten Schauspielerspruch von Shakespeare: Lasst mich auch den Löwen spielen!“

1995 hat er im besagten Bond-Film „Goldeneye“ mitgespielt. Ist man da nur ein kleines Rädchen in einer großen, gut geölten Kino-Maschinerie? Sicher, die Gefahr drohe, „doch innerhalb des gesteckten Rahmens hat man schon seine Möglichkeiten“. Was ihn am meisten verblüffte: Als er sich den 007-Produzenten und Casting-Agenten in London vorstellte, kannten die sich bei Fassbinder besser aus als John selbst.

International hatte er zwar schon vorher gearbeitet, doch der 007-Riesenzirkus hat seine Karriere im Rest der Welt damals noch einmal beschleunigt. Wobei er sich ein wenig wundert, dass eine Nebenrolle in einer internationalen Produktion hierzulande medial mehr Aufmerksamkeit erregt als eine Hauptrolle in einem heimischen Film. Eine US- und eine englische Agentur hatte er damals („auf diesem Riesenmarkt unumgänglich“) und lebte bis vor zwei Jahren in Belgien. Das sei ebenso der zentralen Lage in Europa geschuldet – „in drei Stunden ist man überall“ – wie den Steuersätzen.

Mittlerweile hat John nicht einmal eine deutsche Agentur – ungewöhnlich, auch im Umfeld eines Nachwuchsfestivals mit Jungstars, deren Agenturen schon mal ein Interview ablehnen, wenn man nicht nur über den neuesten Film sprechen will. „Die Angebote kommen auch so“, sagt John und lächelt sein sehr plötzlich aufscheinendes, ein bisschen verlegen wirkendes Lächeln – vielleicht in Sorge, so ein Satz könne pompös klingen (tut er nicht). John strahlt eher die Gelassenheit aus von jemandem, der so ziemlich alles gesehen und gespielt hat, mit Fassbinder ebenso zurande kam wie mit Russell Crowe, dem Kollegen mit höchster Rüpel-Reputation (in „Proof of life“): „Ein bisschen heftig war er, aber eigentlich wie ein großer Junge.“ Johns pragmatisches Fazit über seinen Beruf und seine Unwägbarkeiten: „Überall wird nur mit Wasser gekocht. Nur sind die Pötte manchmal größer, manchmal kleiner.“

Bleibt Daniel Craig James Bond? Es schaut so aus.

Daniel Craig James Bond 25

Daniel Craig bei einem Berliner Fototermin für „Spectre“. Foto: Sony Pictures

 

Offiziell verkündet ist es noch nicht – aber Daniel Craig wird die James-Bond-Rolle wohl weiterspielen. Die „New York Times“ hatte berichtet, Craig sei längst an Bord; nun hat das über Umwege der US-TV-Sender „Showtime“ bestätigt. Der plant mit Craig eine Adaption des Jonathan-Frantzen-Romans „Unschuld“ und hat deren Dreharbeiten weiträumig verschoben – denn erst drehe Craig einen Bond, mehr dürfe man aber nicht sagen, hieß es seitens „Showtime“. Eine offizielle Ankündigung wird nicht lange auf sich warten lassen.

Damit geht eine Zeit des Spekulierens und Kaffeesatz-Lesens zu Ende, die es in der 55 Jahre alten 007-Filmreihe lange nicht gegeben hat. Ende Juli hatte die Bond-Produktionsfirma Eon recht schmallippig bekannt gegeben, dass der nächste Bond-Film im November 2019 startet. Was nicht mitgeteilt wurde: der Titel, die Regie und vor allem – der Hauptdarsteller. Um den hatte es Spekulationen gegeben, nachdem Craig 2015 bei der Premiere von „Spectre“, seinem vierten Bond, verkündet hatte, er „schneide sich lieber die Pulsadern durch“ als noch einen 007 zu drehen. War das britischer Humor? Akute Bond-Müdigkeit nach langen Dreharbeiten? Oder die Ouvertüre einer Gagenverhandlung?

Hilfe bei „Othello“

Zumindest ist klar, dass Eon an Craig deutlich interessierter ist als einst an Vorgänger Pierce Brosnan: Der wurde nach seinem vierten und zumindest kommerziell sehr erfolgreichen 007, „Stirb an einem anderen Tag“ (2002), einfach nicht mehr zurückgebeten und durch Craig ersetzt. Dem aber hat die Bond-Produzentin Barbara Broccoli nach „Spectre“ und dem „Pulsader“-Interview geholfen, am Broadway eine vielbeachtete „Othello“-Aufführung zu stemmen (mit Craig als Jago).

Warum sich Craig also länger bitten ließ? Das britische und mit Vorsicht zu genießende Blatt „The Sun“ berichtet, dass er erst wieder an 007 interessiert war, als Sam Mendes bekannt gab, nach „Skyfall“ und „Spectre“ keinen Bond mehr zu inszenieren. Da ging  – womöglich – eine künstlerische Partnerschaft/Männerfreundschaft in die Brüche.

Villeneuve oder Demange oder Bier als Regisseur?

Wie geht es nun weiter? Laut Branchenbibel „Variety“ haben die Produzenten Kontakt aufgenommen mit den sehr interessanten Regisseuren Dennis Villeneuve („Arrival“) und Yann Demange, dem mit dem Nordirland-Drama „’71“ ein atemberaubendes Debüt gelang. Auch die dänische Regisseurin Susanne Bier war zeitweise im Gespräch, in deren Agentenserie „The Night Manager“ der Brite Tom Hiddleston die Hauptrolle spielte, der regelmäßig als Craig-Nachfolger gehandelt wird.

Aber wer auch immer den  Jubiläums-Bondfilm 25 inszenieren wird – er (oder sie) wird es nicht leicht haben. Denn der Vorgänger „Spectre“ zeigte deutlich, dass das klassische, vom Publikum erwartete Spektakel und die in der Craig-Ära betonte Auslotung der Bond-Figur filmisch nicht leicht zu vereinen sind: Da rieben sich Action und (etwas flaches) Psychodrama recht rau aneinander. Viel besser gelang die Kombination in Craigs Debüt „Casino Royale“ (2006), einer  der besten Bondproduktionen überhaupt und immer noch Craigs bester 007-Auftritt. Ihm, dem anfangs heftig angefeindeten Darsteller (zu klein, zu blond, zu große Ohren) würde man einen exzellenten Abgang wünschen. Denn, auch wenn etwa der leicht überschätzte „Skyfall“ mit seiner Holzhammer-Psychologisierung irritieren konnte – Bond als Figur war noch nie so interessant wie in der Craig-Ära. Eine mögliche Prognose: Einen Film dreht er noch, nimmt seinen Abschied, und dann beginnen  wieder Umbesetzungszirkus und Kaffeesatz-Lesen.

 

 

James-Bond-Drehort: das „College of Arms“ aus OHMSS

Eine Stadt nach Kino-Drehorten abzuklappern, drängt sich nicht jedem Touristen als wirklich sinnvolle Idee auf. Aber in diesem Falle musste es sein – denn es geht um den vielleicht schönsten aller James-Bond-Filme: „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ aus dem Jahr 1969. Lange Zeit galt der Film von Peter Hunt (Cutter der ersten Bond-Filme und hier Regie-Debütant) als hässliches Entlein der ganzen Reihe – doch kaum ein anderer 007-Film hat so viel Gefühl (im Rahmen eines Bond-Films), so gute Ski-Jagden, einen so guten Bösewicht Blofeld (Telly Savalas), eine so luftige Schurkenfestung und eine so gute 007-Partnerin, für die sich der Begriff „Bond-Girl“ verbietet: Diana Rigg.

Lange Vorrede: Das Gebäude ist das „College of Arms“ in London, das im Film auch genau das darstellt- das Institut für Wappenkunde, in dem Bond Informationen einholt, damit er sich später als Experte ausgeben kann, der unter falscher Identität Blofeld in seiner Alpenfestung besucht  (die Tarnung fliegt allerdings umgehend auf). Das Gebäude liegt ein paar Schritte hinter der St. Paul’s Cathedral, deren Spitze man auf dem ersten Foto sieht. Und, zugegeben, im Film ist das Gebäude grob geschätzt viereinhalb Sekunden zu sehen.

 

James Bond College of Arms OHMSS George Lazenby On her majesty's secret service

James Bond College of Arms OHMSS George Lazenby On her majesty's secret service

James Bond College of Arms OHMSS George Lazenby On her majesty's secret service

James Bond College of Arms OHMSS George Lazenby On her majesty's secret service

 

 

 

 

 

Bond 25 kommt 2019 – noch kein Wort über Daniel Craig

Bond 25 kommt 2019

Nach Gerüchten, Spekulationen und allerlei Kaffeesatzlesen gibt es jetzt eine offizielle Mitteilung zum nächsten Bond: Die Nummer 25 erscheint 2019, Darsteller und Regisseur/in sind noch nicht spruchreif, und die Autoren bleiben die alten – nach dem Psychoschmonzes und dem mauen Finale von „Spectre“ kein Grund zum Jubeln. Was mit Daniel Craig wird, muss sich noch zeigen.

Hier die Pressemitteilung:

„James Bond will return to US cinemas on November 8, 2019 with a traditional earlier release in the UK and the rest of the world. Bond 25, the next adventure in the long-running action franchise, will be written by Neal Purvis and Robert Wade, long time collaborators and writers on previous Bond films including CASINO ROYALE, QUANTUM OF SOLACE, SKYFALL and SPECTRE. The film will be produced by Michael G. Wilson and Barbara Broccoli. Additional details regarding distribution, including international release dates, the film’s cast and director, will be announced at a later date.“

Zum Tod von Roger Moore

Roger Moore James Bond

 

Was einmal auf seinem Grabstein stehen sollte? Das verkündete er gut gelaunt schon vor vielen Jahren: „Hier ruht Roger Moore. Er war gar nicht mal so gut.“ Einer dieser typischen Moore-Sätze, die ihm so leicht von den ironisch geschürzten Lippen gingen. Denn Moore war niemand, der sich für ein verkanntes Genie hielt – sondern einfach für einen passablen Schauspieler, der sich glücklich schätzte, mit den James-Bond-Filmen, die er immer ein bisschen absurd fand, viel Geld zu verdienen und die ganze Welt zu sehen. Moore ist gestern in der Schweiz gestorben, nach einer kurzen Krebserkrankung, wie seine Familie mitteilte. Er wurde 89 Jahre alt.

Anders als Kollege und 007-Vorgänger Sean Connery war Moore kein Unbekannter, als er 1972 die Rolle von James Bond übernahm: Da hatte er eine zwar durchwachsene Zeit als Vertragsschauspieler in Hollywood hinter sich, aber auch eine lukrative TV-Karriere: als Krimi-Held Simon Templar in „The Saint“ (1962-1969) und natürlich als wunderbar öliger Adelsschnösel Lord Brett Sinclair in der Serie „Die Zwei“ (1970/71) mit Tony Curtis. Die erfreute sich ja gerade wegen einer genialen Blödelsynchro („Sleep well in your Bettgestell“, „Hallo, Ihre Lordschuft“) etc. in Deutschland eines enormen Erfolgs, war aber auch im Original durchaus witzig, wie Moore selbst noch einmal vor einiger Zeit sagte. Bond machte aus Moore einen internationalen Kino-Star – in einer Zeit, als die Grenze zwischen TV und Film weniger durchlässig war als heute.

Moores Bond-Ära war dabei kein Selbstläufer: Immerhin musste er Sean Connery ersetzen, der für viele ältere 007-Fans der unumstößliche Ur- und Immer-Bond war (und ist); außerdem war dessen letzter Film vor Moore, „Diamantenfieber“, auch nicht mehr ganz so erfolgreich wie die Bonds der 60er Jahre. Moore betrat also ein schlingerndes Schiff und brauchte zwei, drei Filme, um in sicheren Gewässern zu landen: In „Leben und sterben lassen“ (1973) und dem blassen „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) spielte er Bond ähnlich hart und zynisch wie Connery zuvor; aber das passte nicht zu Moore, dem Mann der leichten Komödie und der spöttisch erhobenen Augenbraue, der Schusswaffen und Filmschießereien nicht mochte. Erst in „Der Spion, der mich liebte“ von 1977 passte alles zusammen: eine herrlich absurde Geschichte, grandiose Dekors, bizarre Einfälle und im Zentrum Moore, der das alles nicht so ernst nahm und so wirkte, als wolle dem Publikum gleich mal zuzwinkern. Für eine ganze Generation von Kinogängern, die Ende der Siebziger halbwüchsig war, ist dieser Film – mit einem tauchenden Lotus Esprit und einem Bösewicht mit Stahlgebiss – mit der beste Bond-Film. Es war auch Moores liebster, der insgesamt sieben drehte: mal der Schwerkraft und der Logik völlig entrückt („Moonraker“, 1979), mal grimmiger und erdverbundener („In tödlicher Mission“, 1980).

 

Roger Moore Moonraker

Roger Moore und Lois Chiles in der Weltraumstation (in einem Pariser Studio) in „Moonraker“ – einem Bondfilm, an dem sich die Geister scheiden.

Der kurioseste und wohl bedrohlichste Moment in Moores Amtszeit als Bond kam 1983, als ausgerechnet Sean Connery einen Konkurrenz-007 drehte: „Sag niemals nie“. Der hatte zwar Connery zu bieten, aber sonst nicht viel, so dass Moores „Octopussy“ an den Kinokassen letztlich vorne lag – ein Umstand, auf den kaum jemand gewettet hätte, wohl nicht einmal Moore selbst. 1985 trank er dann seinen letzten 007-Martini und drehte „Im Angesicht des Todes“, einen bei allem Bohei (Grace Jones hüpft vom Eiffelturm) merkwürdig melancholischen Bond-Film: Moore war damals 58 (im heutigen Actionkino undenkbar), sichtlich geliftet, wurde allzu oft gedoubelt, der Abschied kam keinen Film zu früh. Das sah auch Moore so – „aber mein Bankberater wird in Tränen ausbrechen“.

 

 

James Bond Roger Moore

Seine Filmkarriere nach 007, man kann es nicht anders sagen, war wenig glanzvoll: In Filmen wie „Feuer, Eis und Dynamit“ von Ski-As Willy Bogner, der bei einigen Bonds die famosen Jagden im Schnee inszeniert hatte, tauchte Moore als Stargast auf; auch spielte er im karatesken Regiedebüt des belgischen Kampfsportschauspielers Jean-Claude van Damme. Den erwähnte Moore in seinem ersten Memoirenband, wie immer ganz Gentleman, so: „Wenn man über jemanden nichts Gutes sagen kann, dann sollte man schweigen.“ Das tat er dann auch.
Lieber widmete sich Moore der Arbeit als Unicef-Botschafter, inspiriert von seiner zeitweiligen Nachbarin Audrey Hepburn, und teilte seine Zeit in seinen Häusern in der Schweiz, Frankreich und Monaco auf. England hatte er schon lange verlassen, des Spitzensteuersatzes wegen.

Selbstironisch trat er 1997 im Kinofilm der Spice Girls auf, fast wie ein Bond-Bösewicht, und auch 2002 in der hirnrissigen Klamotte „Boat Trip“. Ob er das Geld brauchte? Oder einfach mal wieder vor die Kamera wollte? Wer weiß – aber Moore konnte man auch die Auftritte in üblen Filmen nicht übel nehmen, denn seine Selbstironie war stets entwaffnend. Schon 1981 spielte er in dem Auto-Jux „Auf dem Highway ist die Hölle los“ einen Mann namens Seymour Goldfarb Jr. im Bondschen Aston Martin, der unter einer Zwangsstörung leidet: Er hält sich für Roger Moore.
Der Schauspieler, der seinen Beruf nicht allzu ernst nahm, hatte dennoch eine Lieblingsrolle: In dem Thriller „Sprengkommando Atlantik“ (1979) spielte er vollbärtig und konstant schlecht gelaunt einen Frauenfeind und Katzenfreund, der sich nur beim Sticken entspannt. Typisch Moore.

Seine drei Kinder (aus der dritten von vier Ehen) schrieben gestern über ihren Vater: „Die Liebe, von der er in seinen letzten Tagen umgeben wurde, war so groß, dass man sie nicht in Worte fassen kann.“ Ein guter Abschied.

 

http://roger-moore.com/

 

 

 

James Bond Roger Moore

James Bond, Superman, Thunderbirds, Ufo: Ein Buch über FX-Legende Derek Meddings


Derek Meddings

„Special Effects Superman“. Das ist ein Buchtitel, der ein wenig unbescheiden anmutet – aber er passt schon: Abgesehen davon, dass Derek Meddings (1931-1996) tatsächlich am 1978er „Superman“ mitgearbeitet und sich damit einen Oscar verdient hat, war er ein nahezu Unbesieg- und Unübertreffbarer im Metier der filmischen Spezialeffekte. Seine Domäne waren die täuschend ähnlichen Miniaturen: ob die Raumschiffe in der klassischen SF-Serie „UFO“ (die lebensechter wirkten als die meist hölzernen Darsteller aus Fleisch und Blut) oder die Unterwasserfestung des 007-Bösewichts Stromberg im James-Bond-Film „Der Spion, der mich liebte“.

Vorwort von Roger Moore

Der nur in England erschienene – und mittlerweile ziemlich teure – Bildband, veredelt mit einem Vorwort von Roger Moore, zeichnet die Karriere des Engländers nach: Der beginnt bei Effekt-Veteran Les Bowie, der manche Tricks der „Hammer“-Filme konzipiert hat; branchenbekannt wird Meddings durch seine Modelle in futuristischen Serien des Produzenten Gerry Anderson: „Supercar“, „Fireball XL 5“, „Stingray“ und schließlich „Thunderbirds“ – allesamt technisch komplexe Reihen mit Puppen als Darstellern und viel Pyrotechnik. „Leben und sterben lassen“ ist 1973 sein erster Bond-Film (er konstruiert den explodierenden Bösewicht Katanga); vier Jahre später feiert „Der Spion, der mich liebte“ enorme Erfolge, nicht zuletzt durch Meddings’ Effekte: darunter der Lotus Esprit, der sich unter Wasser in ein U-Boot verwandelt (dank mehrerer Automobile in verschiedenen Verwandlungsstufen und Modelle). Der sinkende Tanker schließlich ist eine Miniatur von satten 21 Metern Länge. Im Nachfolger „Moonraker“ (1979) gelingen ihm Weltraumeffekte, die heute noch überzeugen. Der Bond-Film „GoldeneEye“ ist seine letzte Arbeit, 1996 stirbt Meddings an Krebs.

Auf „Caprona“ war Meddings nicht stolz

Das Buch, das in Zusammenarbeit mit Meddings’ Familie entstand, präsentiert fantastisches Bildmaterial, Fotos vom Dreh, Skizzen, Entwürfe. Mehr Texte über die Filme oder die Persönlichkeit der Tricklegende hätte man sich wünschen können – das Buch begnügt sich, das Genie Meddings’ zu dokumentieren. Und es ist dabei ehrlich genug, zu erwähnen, dass Meddings einmal mit seiner Kunst daneben lag: Seine Dinosaurer aus „Caprona – Das vergessene Land“ sind leider nicht mehr als große Gummitrampel.

„Special Effects Superman – The Art and Effects of Derek Meddings”. Shubrook Bros. Publications, England 2008, 159 Seiten, nur noch antiquarisch zu haben.

 

Derek Meddings Derek Meddings Derek Meddings

 

„The Night Manager“ von Susanne Bier

Tom Hiddleston the night manager

Tom Hiddleston in "The Night Manager"

Tom Hiddleston in „The Night Manager“.

„Der Spion, der aus der Kälte kam“ und „Dame, König, As, Spion“ gelten als die besten Adaptionen von Romanen John le Carrés. Der BBC-Mehrteiler „The night manager“ kommt nicht ganz heran, ist dennoch sehr sehenswert. 

Den Romanen von John Le Carré, mit ihren kunstvollen personellen Verästelungen, kommt das Format des Mehrteilers im Fernsehen eher entgegen als der kürzere Kinofilm. Gerade die BBC-Verfilmung von „Dame, König, As, Spion“ (1979) mit Alec Guinness ist eine kongeniale Adaption; die Kinofassung von 2011 mit Gary Oldman dagegen wirkt kurzatmig. Die BBC hat sich Le Carrés Romans „The Night Manager“ angenommen und ihn in sechs Teilen verfilmt. Der Aufwand ist enorm – angesichts der Konkurrenz von HBO und Netflix muss geklotzt werden – und vor wie hinter der Kamera drängelt sich Talent zuhauf. Tom Hiddleston spielt Jonathan Pine, einen Nachtportier/manager in Kairo, dem während des arabischen Frühlings Informationen über illegale Waffengeschäfte zugespielt werden – kurz darauf wird die Informantin ermordet. Pine flieht in die Schweiz und wird vom Geheimdienst rekrutiert: Er soll in die Organisation des Unternehmers Richard Roper (Hugh Laurie) eingeschleust werden, der hinter allem steckt, dem man bisher aber nichts nachweisen konnte. Langsam beginnt der Brite mit Vergangenheit im Militär seinen Aufstieg in der glamourös lebenden Entourage um Roper und lebt ständig in Angst, enttarnt zu werden. Man ahnt es schon beim Lesen: Der elementare Plot ist nichts Neues, auch nicht die Idee, dass der Agent in Liebe für die Gangsterbraut entflammt – gerade da kommt die Dramaturgie etwas ins Stolpern.

Es schnurrt so dahin

Umso erstaunlicher also, dass diese acht Episoden à einer Dreiviertelstunde eine enorme Spannung aufbauen und mit der Präzision eines Uhrwerks dahinschnurren. Die dänische Regisseurin Susanne Bier (ihr Film „In einer besseren Welt“ gewann 2011 einen Oscar) inszeniert ohne Schnörkel und hat ein gutes Ensemble beisammen. Hugh Laurie gibt einen rational eisigen Waffenhändler mit besten Manieren (dank britischer Elite-Schule), Hiddleston bringt als Agent Härte und Skrupel gut zusammen. Auch die Stärke des TV-Formats zeigt sich: Figuren, die in einem 100-Minuten-Film vielleicht auf wenige Sätze komprimiert wären, entfalten hier ein Eigenleben mit einer gewissen Tragik – allen voran der Intimus des Waffenhändlers (Tom Hollander), der langsam aber sicher vom eingeschleusten Agenten verdrängt wird. Freudig schwelgt der Film im Bestverdiener-Glamour, man wandelt durch edle Hotels und sieht die schönsten Ecken von Zermatt und Mallorca, Kairo und Istanbul. James-Bond-Aroma schwebt durch die Szenerie, „The night manager“ ist, anders als „Dame, König, As, Spion“, kein Anti-007. Für die nächste Bond-Regie wäre Susanne Bier eine interessante Kandidatin – wer, wie sie, aus einem recht schematischen Drehbuch Hochspannung entwickeln kann, müsste bei 007 herzlich willkommen sein.

Erschienen bei Concorde Home Entertainment. Fotos: Concorde

Tom Hiddleston the night manager

Der Zeitgeist und die engen Hosen: Die britische Serie „Die Profis“ komplett auf Blu-ray

 

Die Profis The Professionals Lewis Collins

Die Profis The Professionals Lewis Collins

Im TV-Klassiker „Die Profis“ (1978-1983) räumte ein Trio mit allem auf, was in England im Argen lag. Die Serie erscheint nun aufwändig restauriert komplett auf DVD und Blu-ray. Eine Wiederbegegnung mit einer Serie, die eines, zum Glück, nicht ist: zeitlos.

Ein Auto, das durch eine Glasscheibe rast und Splitter regnen lässt. Dazu eine reißerische Musik, während die Hauptdarsteller flink in Autos steigen oder Gewichte stemmen oder einen Sandsack verprügeln – und das ist bloß der Vorspann. Wer im Fernsehen der 70er und 80er Jahre knallige Krimis suchte, der wurde bei „Die Profis“ fündig. In den späten 70ern lief die Serie erstmals im ZDF und präsentierte zwei betont maskuline Helden, Agenten der fiktiven Geheimdienst-Abteilung CI5, die es mit den Gesetzen nicht immer so genau nehmen und recht ruppig ermitteln – weshalb das ZDF damals vorzog, einige der 57 gedrehten Episoden erst gar nicht zu kaufen.

Bond-Film „Goldfinger“ – ein Bildband über die Dreharbeiten

Die beiden Helden waren wackere Mannsbilder in engen Hosen: Lockenkopf Doyle (Martin Shaw) und Bodie (Lewis Collins), ein harter Hund mit dubioser Söldner-Vita. In den Kampf für die britische Krone schickte sie Cowley (Gordon Jackson), ein chronisch cholerischer Übervater.
Zwischen 1978 und 1983 lösen Doyle und Bodie 57 Fälle, die ein düsteres Porträt Englands und Londons zeichnen. Selten sind die Touristen-Orte zu sehen, fast alles spielt sich in Hinterhöfen, verrauchten Pubs und muffigen Amtsstuben ab – oder in des Duos Ford Capri. Wird der Staat nicht von Finsterlingen mit ausländischem Akzent bedroht oder gar von einer deutschen Terrorbande namens „Meyer-Helmut-Gruppe“ (!), erwächst die Gefahr aus dem Staat selbst: Korrupte Polizisten und korrupte Politiker geben sich die Klinke in die Hand. So kann es schon mal eine ganze, eher untypische Folge lang um kriminellen Pfusch bei Sozialwohnungen gehen. Eine andere Folge, in der Schwarze in London terrorisiert werden, weist Bodie als Alltags-Rassisten aus – und die Serie als gleichzeitig wohlmeinend und grob gestrickt: Bodie überwindet seinen Rassismus, indem er mit der sexy schwarzen Krankenschwester anbandelt, die ihn in der Klinik pflegt.

Viel kritisiert wurde die Serie für Gewalt und den Sexismus der Hauptfiguren – was die Reihe heute besonders interessant macht: Der Zeitgeist von einst, so befremdlich er bisweilen ist, wirkt förmlich greifbar und macht die Serie zu einem Dokument ihrer Zeit, ganz abgesehen von ihrem Unterhaltungswert: So rasant war im Fernsehen damals wenig – hier lernte etwa Regisseur Martin Campbell sein Handwerk, der später die Bond-Filme „Goldeneye“ und „Casino Royale“ inszenierte.

Die alten DVDs kann man entsorgen

Ab 2005 kamen bei uns ausgesprochen lieblose, bonusfreie DVDs heraus, die man nun getrost entsorgen kann. Die alten Filmkopien wurden für eine Neu-Edition aufwändig restauriert, das Ergebnis auf DVD und besonders Blu-ray ist erstaunlich: So gut hat die Serie noch nie ausgesehen – bei Doyles Minipli kann man die Löckchen zählen, Bodies enge Lederjacke glänzt stärker denn je. Zudem werfen die Episoden, hier erstmals ungekürzt zu sehen, ein Licht auf den damaligen Umgang des Fernsehens mit angekaufter Serienware: Das ZDF kürzte die Episoden um einige Minuten, damit sie ins Programmschema passten; noch problematischer war die deutsche Synchronisation – kaum eine Serie wurde wohl derart schlampig und oft sinnentstellend übertragen. Sich nun die deutsche Sprachfassung gleichzeitig mit den Untertiteln des Originals anzuschauen, ist fast eine Grenzerfahrung. Da wird das „Marines“-Spezialkommando des Originals zur seefahrenden „Marine“, während Bewohner eines heruntergekommenen Mietshauses, im Original ohne nähere Bezeichnung, nun „zu Molukkern und Studenten“ (!) werden. Da stehen einem die Haare zu Berge. Oder in Doyles Fall, die Löckchen.

Die Serie ist komplett bei bei Plaion erschienen. Bonus-Material: Alternativer Vorspann, Bildergalerie, Tonspur nur mit der Filmmusik.

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