Polizist Cristi (Conrad Mericoffer) im Kino, das homophobe Nationalisten besetzt haben.    Foto: MissingFilms

 

„Stoppt die Homo-Mafia!“ „Gottes Strafe wird kommen!“ Das skandiert eine Gruppe von Fanatikern, die in Bukarest ein Kino besetzen, Jesus-Bildchen schwenken und die Vorführung eines Films mit lesbischer Thematik unterbrechen. Polizisten versuchen, die hitzige Situation abzukühlen – mit dabei zwischen den hysterischen Demonstranten und den wütenden Kinogängern ist der junge Polizist Cristi. Er ist homosexuell, aber die Kollegen wissen das nicht – und er tut alles, damit die es nicht erfahren, fürchtet er sich doch vor Anfeindungen in diesem Umfeld mit klarer Hetero-Macho-Ausrichtung.​

Reale Kino-Störungen in Bukarest​

Das ist der Ausgangspunkt von „Poppy Field“, einem intensiven Film aus Rumänien, dem Filmdebüt des Theaterregisseurs Eugen Jebeleanu. Die Demonstration im Kino ist dabei keine Drehbuchfiktion – mehrere Vorführungen von Filmen mit homosexueller Thematik sind vor einigen Jahren in Rumänien gestört und unterbrochen worden.​

Bevor es im Film zu dem Konflikt im Kino kommt, erzählt Regisseur Jebeleanu vom Privatleben Cristis – sein Freund Hadi aus Paris reist an, zusammen in Cristis Wohnung sind sie glücklich; doch auf Hadis Idee, gemeinsam übers Land zu fahren, reagiert er abweisend. Cristis Schwester schaut vorbei, mischt sich ein, versteht dessen Widerstand nicht, verabschiedet sich schnell wieder. Aber vorbeischauen wollte sie doch, denn sie interessiert sich für Christis „aktuelle Gay-Phase“, die sie wohl für genau das hält – eine Phase, die vorüber geht.​

Gängelung durch die Polizei​

Bei diesen langen Dialogen liegt viel Spannung in der Luft, die sich noch steigert, als Cristi seinen Dienst antritt und ins Kino gerufen wird. (Erst jetzt erfahren wir, dass er Polizist ist). Die Stimmung dort ist aufgeheizt, auf Seiten der hysterischen Homophoben ohnehin, aber auch auf Seiten der Kinogänger – denn abgesehen von der abgebrochenen Vorstellung dürfen sie das Kino nicht verlassen, ohne dass ihre Personalien erfasst werden.​

Für Cristi wird die Situation zunehmend schwierig – einer der Kinogänger ist ein alter Bekannter, möglicherweise Liebhaber, der ihm droht, dessen Sexualität offenzulegen. Der reagiert mit Gewalt. Wohl nicht zum ersten Mal im Dienst – die Kollegen wollen ihn widerwillig noch einmal decken, eventuell auch mit kollektiven Lügen. Cristi sitzt alleine im leeren Kino, während sich die Situation im Foyer sehr langsam entkrampft. Nacheinander kommen einige Kollegen zu ihm, reden mit ihm, einer zeigt Verständnis, dass er es „der Schwuchtel mal gezeigt hat“, ein anderer erzählt von sich; und durchweg versucht Christi, die Hetero-Fassade aufrecht zu erhalten – auch mit homophoben Sprüchen.​

Diese längeren Gesprächspassagen haben durchaus etwas Theater- und auch Thesenhaftes; filmisch ist das dennoch packend, da die Darsteller exzellent sind – vor allem Conrad Mericoffer als Christi, in dem es spürbar brodelt, der aber nichts herauslassen will und dann in Panik zuschlägt. Zudem haben die hitzigen Szenen im Kinofoyer eine geradezu dokumentarische Kraft, Kameramann Marius Panduru ist sehr nahe an den Figuren, man ist mittendrin – ein aufwühlender Effekt.​