„Welcome to Karastan“ erzählt von einem Regisseur in der Krise, der ein verlockendes Angebot erhält: Er soll das kernige National-Opus einer jungen Kaukasus-Republik drehen – und stolpert dabei mitten hinein in Bürgerkriegswirren. Ein Gespräch mit dem Briten Ben Hopkins, der die Komödie geschrieben und inszeniert hat.

Es kriselt beim Künstler: Die Muse hat den Regisseur Emil Forester schon lange nicht mehr geküsst (seine große Liebe und Ex-Frau auch nicht), und der Oscar im Regal hilft auch nicht weiter – zumal nur ein Kurzfilm-Oscar. Wie gut, dass ein Anruf den Filmemacher von der Untätigkeit erlöst: Die junge Kaukasus-Republik Karastan lädt ihn zu seinem Filmfestival ein. Forester nimmt dankbar an und erlebt im Land Sonderbares – etwa das Angebot des dezent diabolischen Präsidenten, in Karastan ein National-Epos zu drehen, das die Republik im Rest der Welt bekannt machen soll. Denn, so des Präsidenten Logik: „Was war Schottland, bevor es den Film ‚Braveheart‘ gab?“

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„Welcome to Karastan“ ist eine vergnügliche Komödie über kreative Krisen, die Macht und die Ohnmacht des Kinos – erdacht und inszeniert hat sie der britische Filmemacher Ben Hopkins, der ähnliche Karrieretiefen wie seine Hauptfigur kennt. Vor sieben Jahren drehte er seinen letzten Spielfilm vor „Karastan“ – drei lange geplante Filmprojekte „gingen den Bach runter“, wie es Hopkins nennt. „Aber man gewöhnt sich an alles, auch an Folter.“

 

Ben Hopkins

Regisseur und Autor Ben Hopkins. Foto: Hopkins

 

Autobiografisch möchte Hopkins seinen Film dennoch nicht verstanden wissen, aber die bizarren Erlebnisse etwa beim Filmfestival in Karastan seien schon ein „Best Of“ seiner Festivalbesuche und die seines polnischen Co-Autoren Pawel Pawlikowski, dessen Film „Ida“ 2015 den Auslands-Oscar gewonnen hat. „Manchmal, wenn man bei einem schlechten Festival der zweistündigen Rede des Kulturministers von Arschlochistan zuhört,“ sagt Hopkins, „fragt man sich schon, was das alles soll.“

„Ich liebe Geld, aber Geld liebt mich nicht“

Sein Film handelt auch von der Versuchung: Der Regisseur Forester greift beim Regieangebot des Tyrannen nur zu gerne zu, er ist naiv-dankbar für eine neue Aufgabe und blendet aus, was er dreht und für wen. Eine Versuchung, die Hopkins kennt, gerade „wenn es weniger gut läuft“. Man finde ein Projekt zwar unpassend für sich selbst, „aber es könnte Geld bringen und die Karriere wieder anschieben – ob nun Werbefilme für Ölkonzerne oder Polizeithriller“. Dieser Versuchung, sich dem reinen Mainstream anzudienen, um danach „etwas Persönliches drehen zu können“, habe er bisher nicht nachgegeben, „aber sie ist doch immer da“. Ideenlosigkeit plagt Hopkins dabei, anders als den Regisseur im Film, nicht. „Ich werde sicher mit vielen ungedrehten Filmen sterben. Mit Finanzierung habe ich unendliche Probleme. Ich liebe Geld, aber Geld liebt mich nicht.“

„Die Georgier saufen wie Teufel und singen wie Engel“

Gedreht hat Hopkins die Karastan-Szenen seines bittersüßen Films – „Das kommt dabei heraus, wenn zwei deprimierte Filmemacher eine Komödie schreiben“– in Georgien. Probleme wie beim Film-im-Film-Dreh (Revolten, ein entführter Hauptdarsteller) gab es nicht, und die Feier nach den Dreharbeiten war wohl orgiös. „Die Georgier saufen wie Teufel und singen wie Engel. Schönere Musik gibt es nicht auf Erden.“

Im Film-im-Film taucht auch ein Hollywood-Actionstar namens Xan Butler auf, der für seine Profession ausgesprochen schmächtig wirkt. Wen hatte Hopkins da im Sinn? Till Schweiger sei ja auch nicht sehr groß, sagt Hopkins, Tom Cruise sei winzig – und Vin Diesel möglicherweise ein Zwerg. „Ich glaube, wir dachten an Steven Seagal, der ja gerne an merkwürdigen Orten wie einem mongolischen Filmfestival auftaucht.“

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Der fiktive Regisseur Forester hat in seiner Wohnung ein Plakat des Fellini-Films „8 1/2“, ein Detail mit Symbolgehalt, geht es in Fellinis Film doch auch um einen krisengebeutelten Regisseur, gespielt von Marcello Mastroianni. „Bei Fellini gibt der Produzent ihm eine Pistole, weil ihm bei einer Pressekonferenz nichts Gescheites einfällt. Der Regisseur erschießt sich, und dann tanzen alle“, sagt Hopkins. „Das ist eine gute Beschreibung dafür, wie es ist, Regisseur zu sein.“

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