luxemburg eng nei zait
 
„Eine neue Zeit“ von Christophe Wagner erzählt vom Luxemburg nach dem Krieg. Ein Gendarm ermittelt im Mordfall an einem deutschen Bauern und stößt überall auf Widerstand – niemand hat Interesse an den Nachforschungen, die die Kollaboration während der deutschen Besatzung aufzudecken drohen. Der Film, der im Januar 2016 beim Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken lief, ist gerade beim Festival des frankophonen Kinos ausgezeichnet worden. Das Interview mit dem Regisseur habe ich vor dem Ophüls-Festival geführt.
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Ihr Film zeigt Luxemburg als Land, das nach dem Krieg jegliche Kollaboration verdrängt, um zur Normalität zurückzufinden. Ihre Hauptfigur wählt einen ungewöhnlichen Weg.

Wie er reagiert, ist nur konsequent. Er ist nicht einverstanden mit der Art, wie das Land mit seinen Problemen umgeht. Einige Luxemburger Intellektuelle haben nach dem Krieg so gehandelt – Menschen wie etwa der Filmemacher Gordian Troeller, die das Thema angesprochen haben und dafür massiv kritisiert wurden. Sie haben das Land verlassen.

Wie waren die Reaktionen auf Ihren Film in Luxemburg?

Er hat einen Historikerstreit  wieder angefacht, den es schon eine Zeit lang gibt. Vor ein, zwei Jahren hatte die Regierung einen Historiker beauftragt, einen Bericht über die Rolle der Luxemburger Verwaltung während des Krieges zu schreiben, über ihre Rolle etwa bei der Mithilfe der Deportierung von Juden. Der Bericht hat eine Auseinandersetzung unter Historikern ausgelöst: Die einen, meist die jüngeren, haben sich für die Aufklärung und Aufarbeitung entschieden, die konservativen vertraten die These „Die Verwaltung hat nicht kollaboriert, so schlimm war es auch nicht.“ Wir hatten nach Filmvorstellungen einige Gespräche mit Menschen, die diese Zeit erlebt haben. Sie haben die Ambivalenz des Films gelobt. Nichts ist nur schwarz oder weiß. Auch unser Held hat Schattenseiten, eigentlich jede Figur im Film.

Der Polizeichef nennt den integren Helden naiv und verantwortungslos, weil der glaubt, dass Wahrheit wichtiger ist als politische Stabilität. Das mag zynisch klingen, ist aber nicht ganz abwegig, oder?

Diese Frage ist das Hauptthema des Films. Mir war wichtig, dass der Gegenspieler des Helden ganz schlüssige Argumente hat, ich wollte auch nicht über ihn urteilen. Viele Regierungen in Westeuropa haben sich nach dem Krieg dieser Frage stellen müssen: Schauen wir zurück und riskieren, Spannungen wieder aufleben zu lassen, oder vergessen wir alles und fangen wieder von vorne an? Letzteres wurde ja oft praktiziert – mit der Konsequenz, dass politisch kritische Menschen größere Schwierigkeiten bekamen als ehemalige Kollaborateure.

Luxemburg hat eine bestens ausgestattete Filmförderung. War Ihr Film also leicht zu finanzieren?

Der Film hatte ein Budget von 3,8 Millionen Euro, das ist sehr knapp für einen historischen Film mit Bauten und Kostümen. Aber mehr konnte ich nicht bekommen. Luxemburgische Filme auf Luxemburgisch sind schwer zu finanzieren. Der Markt ist eben sehr klein.

Wollten Sie nicht in Englisch für den internationalen Markt drehen?

Auf keinen Fall. Es ist eine Luxemburger Geschichte, der Film hätte in einer anderen Sprache viel verloren. Meine nächsten zwei Projekte spielen nicht in Luxemburg, die werde ich auch in anderen Sprachen drehen – aber hier war das unmöglich.

Wie geht es weiter mit dem Film?

Es gibt eine französische Synchronfassung, die auch die Bedingung der belgischen Filmförderung war, die uns unterstützt hat. Wir wollen jetzt direkt die Kinos der Großregion ansprechen, Bitburg, Trier, Metz, Arlon in der Wallonie. „Eine neue Zeit“ im Ausland zu zeigen, ist nicht einfach, da Luxemburger Kino für viele eine unbekannte Größe ist, da gibt es manche Vorurteile und Mauern zu durchbrechen.

Die Bilder stammen von Samsa Film.